: Einwanderer lehnen Asylkompromiß ab
■ Bund der EinwanderInnen aus der Türkei und Türkische Gemeinde zur Asylfrage und zum Rechtsradikalismus
Berlin. Die politischen Vertreter der 137.000 Berliner Türken halten nichts von dem in Bonn ausgehandelten Kompromiß zum Asylrecht. Der „Bund der EinwanderInnen aus der Türkei“ (BETB), eine 1991 gegründete Dachorganisation von 16 türkischen Gruppierungen, zeigte sich vor allem von der Haltung der SPD enttäuscht.
Von deren ursprünglichen Vorstellungen sei „fast nichts in den Kompromiß eingeflossen“, so gestern der BETB-Geschaftsführer Kenan Kolat. Wieder einmal sei eine Chance vertan worden, ein Einwanderungsgesetz durchzusetzen. BETB-Vorstandsmitglied Emine Demirbüken wertete den Asylkompromiß als ein „weiteres Zeichen der Unkultur“. Es sei inhuman, Menschen aus sogenannten Nichtverfolgerstaaten nicht mehr hereinzulassen. Völlig vergessen habe man in diesem Zusammenhang jene Randgruppen, die aus ethnischen, religiösen oder geschlechtsspezifischen Gründen verfolgt würden. Kritik übte sie auch an der Regelung, Kriegsflüchtlingen einen Sonderstatus zu gewähren. Damit werde derselbe Fehler begangen wie gegenüber den Gastarbeitern. Demirbüken: „Was passiert mit Kriegsflüchtlingen, die 10 bis 15 Jahre in Deutschland bleiben müssen und sich eingelebt haben? Werden sie irgendwann von ihrem Status herunterkommen?“
Auch die Türkische Gemeinde zu Berlin, ein 1983 gegründeter Dachverband von 20 türkischen Vereinen, äußerte sich gestern skeptisch. Eine Änderung des Artikels 16 ändere nichts an den Ursachen des Fluchtphänomens, das durch die ungerechte Weltwirtschaft verursacht werde, so ihr Präsident Mustafa Turgut Cakmakoglu. Seine Vermutung: „Nach zwei Jahren werden wir das Asylrecht wieder diskutieren.“
Stärkere Maßnahmen gegen den rechtsradikalen Terror sind in den Augen der Türkischen Gemeinde derzeit vorrangig. Das gestrige Verbot der „Deutschen Alternative“ sei zwar zu begrüßen, aber auch die anderen Gruppierungen müßten verboten werden. Deutschen, die als Kneipenwirt oder Makler Ausländer diskriminieren, solle die Gewerbelizenz entzogen werden. Vor allem aber müßten die rechtlichen Unterschiede zwischen Ausländern und Deutschen beseitigt werden: „Die Leute, die hier seit 30 Jahren leben, erfüllen alle Bürgerpflichten.“ Ihnen sei endlich das Wahlrecht zu gewähren, „denn solange Ausländer nicht wählen dürfen, geben sich Politiker keine Mühe“. sev/usche
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