Einsatzleiter beim G20-Gipfel: Der überzeugte harte Hund
Polizeiführer Hartmut Dudde prägte mit seiner Einsatz-Philosophie bundesweit den Begriff der „Hamburger Linie“. Jetzt leitet er den Gipfeleinsatz.
Der 54-jährige leitende Polizeidirektor hat in der Ära des rechtspopulistischen Innensenator Ronald Schill Karriere gemacht. 2005 wurde er Leiter der Hamburger Bereitschaftspolizei. Mit seiner Einsatz-Philosophie prägte er bundesweit den Begriff der „Hamburger Linie“ bei Demonstrationen.
Gemeint ist damit ein enormer Personalaufwand und beim kleinsten Anlass: Wasserwerfer oder schweres Gerät. 2007 etwa musste eine Großdemonstration gegen Repression vorzeitig abbrechen, weil Dudde den Marsch in Dreierreihen von behelmten Polizisten begleiten ließ und den „Wanderkessel“ mehrfach stoppte, weil Seitentransparente mehr als 1,50 Meter lang waren. Alles rechtswidrig, urteilte später das Hamburger Verwaltungsgericht.
Auch bei Aktionen des gemeinsamen Klima- und antirassistischen Camps in Hamburg 2008 wurde Dudde aktiv: Eine Demo vor dem Kohlekraftwerk Moorburg ließ er mit dem Hinweis gewaltsam vorzeitig auflösen, die Demonstranten hätten den Steuerzahler „schon genug Geld gekostet“. Das Verwaltungsgericht rügte den Einsatz.
Durchsetzungskraft bewiesen
Zwei Beispiele von vielen. Trotzdem beförderte Innensenator Michael Neumann (SPD) Dudde 2012 zum Gesamteinsatzleiter der Hamburger Polizei mit Platz im Präsidium. Es zog ihn auch weiterhin auf die Straße: Beim Protest zum Erhalt des Autonomen Zentrums Rote Flora am 21. Dezember 2013 war er selbst vor Ort. Vor seinen Augen griffen Polizeieinheiten den genehmigten Marsch nach ein paar Metern an, es endete in einer Straßenschlacht.
Am 7. und 8. Juli treffen sich in Hamburg die Staatschefs der größten Industrie- und Schwellenstaaten zum G20-Gipfel. Die taz berichtet dazu in einem laufend aktualisierten Schwerpunkt und ab dem 1. Juli mit täglich 8 Sonderseiten.
Dudde selbst gefällt der Ruf des „harten Hundes“, sein Vorgehen aber ist sogar innerhalb der Polizei umstritten. 2015 quittierte die Leitung der Bereitschaftspolizei den Dienst, weil sie von ihm genötigt worden war, einen NPD-Lautsprecherwagen trotz freier Wege mitten durch eine Gegendemo zu lotsen.
Dennoch: Hamburgs Polizeipräsident Ralf Meyer, selbst in der Schwarz-Schill-Ära groß geworden, hält Dudde für seinen fähigsten Beamten, den G-20-Gipfeleinsatz zu leiten. Durchsetzungskraft hat er eben stets bewiesen. Und wie sagt Dudde selbst: „Sie können ja dagegen klagen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“