: Einsatz wegen angeblicher Ruhestörung
■ Polizisten sollen Türkin mißhandelt haben / Ermittlungen wegen Körperverletzung
Schon wieder schwere Vorwürfe gegen die Hamburger Polizei. Zwei Beamte der Davidwache sollen widerrechtlich in eine Wohnung in der Erichstraße (St. Pauli) eingedrungen sein und die 20jährige Türkin Züleyha Ö. mißhandelt haben. Anlaß: Angeblich zu laute Musik. Das „Dezernat Interne Ermittlungen“ (DIE) hat den Fall übernommen.
Ö. befand sich Donnerstag voriger Woche in der Wohnung von Verwandten, um die einhalbjährige Nichte Edda einzuhüten. „Die Kleine hielt gerade ihren Mittagsschlaf. Ich hörte in der Küche Musik und war am kochen“, so die junge Frau zur taz. Gegen 16 Uhr habe es geklingelt. Ö.: „Ich machte die Musik aus und öffnete die Tür. Es waren zwei Polizisten.“ Die Beamten offenbarten der jungen Frau, daß eine Anzeige wegen Ruhestörung gestellt worden sei und begehrten Einlaß in die Wohnung. Doch die 20jährige wollte die beiden Polizisten nicht hereinlassen, da es sich nicht um ihre Wohnung handele. „Sie haben mich beiseite geschubst und sind reingestürmt.“
Sie forderten die Herausgabe der Personalien, die Ö. nach eigener Aussage auch vollkommen angegeben hat. „Dann hat einer gesagt: Sie müssen jetzt mit zur Wache kommen.“ Ö. lehnte dies ab, um die kleine Edda nicht alleine zu lassen. „Dann hat mich ein Polizist angegriffen und in den Würgegriff genommen. Ich habe keine Luft mehr bekommen.“ Der Beamte habe sie auch mehrfach geschlagen. Sie habe sich aber gewehrt und geschrien, bis Nachbarn interveniert hätten. „Die Polizisten haben mich dann losgelassen.“ Die Beamten hätten dann über Funk Verstärkung angefordert. Die andere Peterwagenbesatzung sollte auf das Kind aufpassen, damit Ö. zur Wache transportiert werden könne. Die Lage entspannte sich erst, als Eddas Mutter zufällig nach Hause kam und Ö. mit zum Revier fahren konnte.
Auf der Davidwache stand dann Aussage gegen Aussage: „Als die Kollegen die Frau mit der Anzeige wegen Ruhestörung konfrontierten, war diese sehr ungehalten. Zudem hatte sie zunächst falsche Personalien angegeben,“ so Polizeisprecher Hans-Jürgen Petersen. „Dabei ist es dann zum Gerangel gekommen.“ Die zierliche Türkin soll die kräftigten Polizisten geschlagen haben. Ö. bestreitet das: „Das ist gelogen. Später haben die Polizisten auch angegeben, sie hätten mir angeboten, das Kind mitzunehmen – das stimmt aber nicht.“
Noch auf der Davidwache nahmen DIE-Fahnder ihre Anzeige wegen Körperverletzung im Amt auf, die Polizisten wiederum erstatteten Strafantrag wegen Widerstands. Ö. ist dennoch zuversichtlich. „Ein Nachbar hat alles mitbekommen.“ Und den Vorwurf der Ruhestörung weist sie von sich: „Das Kind hat doch geschlafen. Da kann die Musik gar nicht laut gewesen sein.“ kva
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