: Einmal sechs und zweimal drei
Von Hunden, der Schwarzwaldklinik und dem kleinen Einmaleins ■ B o n n A p a r t
Bonn (taz) - Sechs: Ist das nun einmal sechs oder zwei mal drei? Eine politisch brisante Frage. Denn sechs Militärmaschinen, darunter ein bundesdeutscher Tornado, flogen kürzlich zum Vergnügen von Nato-Militärs Formation in Ramstein. Im Einvernehmen mit dem Bundesverteidigungsminister, aber ohne Einvernehmen mit der Pfälzer Bevölkerung. Über die Berechtigung des Protests entscheidet die Zählweise: Denn „ein Formationsflug von bis zu vier Luftfahrzeugen gehört zur täglich geübten Praxis“, belehrte Hardthöhen-Staatssekretär Pfahls die Pfälzer SPD -Abgeordnete Götte. Frau Götte war aber am Ort des Geschehens und schwor im Bundestag Stein und Bein, „daß es sich nicht um zwei mal drei, sondern um ein mal sechs Flugzeuge gehandelt hat“. Ein völlig subjektiver Eindruck, wurde die Dame belehrt. Staatssekretär Pfahls: „Zwischen den Flugzeugen ist ein Zwischenraum gewesen. Dadurch wird von zwei mal drei ausgegangen.“ Waren die Zwischenräume in Ramstein nicht schon einmal das Problem?
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In der Pfalz mag man die Hardthöhe nicht verstehen, interessanter ist aber, ob Schwarze die Schwarzwaldklinik verstehen. Ein Fall fürs Auswärtige Amt. Bundesdeutsche Fernsehanstalten konnten dem südafrikanischen Regime zwar kein Portrait über den Regimekritiker Breitenbach andrehen, sind aber mit Landarzt und Schwarzwaldklinik dafür umso besser im Geschäft. Genschers Adjutant Schäfer glaubt, daß die Schwarzen „daraus keine falschen Schlüsse ziehen“, sondern erkennen, „daß es sich hier um eine Produktion aus einer möglicherweise heilen Welt handelt. Das wird aber sicherlich kein Anreiz sein, in Südafrika ähnlich zu leben.“ Dr.Schäfer scheint Dr.Brinkmann nicht zu mögen. Die Sehgewohnheiten von Schwarzen und anderen Exoten sind dem Amt von Dr.Genscher ohnehin ein Rätsel. Weil nämlich „seit vielen Jahren in allen möglichen Ländern zu unserer großen Überraschung alle möglichen Sendungen - wie zum Beispiel Spiel ohne Grenzen - von der Bevölkerung mit großem Interesse gesehen werden, obwohl wir den Eindruck haben, daß sie von diesem Kulturkreis wirklich kaum verstanden werden können.“
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Apropos Kulturkreise: Was unterscheidet in der Bundesrepublik einen Flüchtling von einem Hund? Daß dem Flüchtling weniger Wohnraum zusteht als einem deutschen Hund nach deutschen Rechtsvorschriften. Das meinte jedenfalls der FDP-Abgeordnete Hirsch nach Lektüre eines Berichts über bayrische Flüchtlingslager. Innen-Staatssekretär Kroppenstedt findet, daß „dieses Beispiel keinen Vergleich ermöglicht“. Weil nämlich Flüchtlinge die Möglichkeit haben, „sich frei zu bewegen“, auch „außerhalb des Hauses, während sich das bei einem Hund auf den Sachverhalt bezieht, daß er sich eben nur im Zwinger bewegen kann“. Wauwau.
Ch. Wiedemann
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