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Einigung zum Digitalpakt 2.0Vergiftete Botschaft an Stark-Watzinger

Ralf Pauli
Kommentar von Ralf Pauli

Özdemirs Plan, den Digitalpakt 2.0 durchzusetzen, war ein bittersüßer Gruß an die Ex-Ministerin Stark-Watzinger. Es ist nur ein Scheinerfolg.

Digitale Endgeräte sind in Schulen oft nicht mehr wegzudenken Foto: Matthias Balk/picture alliance

D er Übergangs-Bildungsminister Cem Özdemir liefert: Zum Amtsantritt hat der Grüne versprochen, die verkorksten Gespräche zum Digitalpakt 2.0 erfolgreich abzuschließen. Nun, ein paar Wochen später, verkündet die zuständige Verhandlungsgruppe Vollzug.

Diese Woche sollen die Details vorgestellt werden. Die neue Bundesregierung kann dann, so hoffen Özdemir und Co, auf eine perfekte Vorlage zurückgreifen.

Wie wahrscheinlich das ist, wissen die Beteiligten selbst: nicht sonderlich. Diese Blöße wird sich die wahrscheinliche Wahlgewinnerin Union nicht ­geben wollen. Das zeigen die ersten (kritischen) Äußerungen zum vorliegenden Kompromiss. Deshalb sollte man die Einigung lieber als das sehen, was sie tatsächlich ist: ein vergifteter Abschiedsgruß an Bettina Stark-Watziner.

Die zurückgetretene FDP-Bildungsministerin hat sich in den Ländern mit einseitigen Alleingängen und Maximalforderungen (auch zum Digitalpakt) unbeliebt gemacht.

Sie spüren zu lassen, wie problemlos Bund und Länder plötzlich zusammenarbeiten können, wenn sie und ihre nervige Partei nicht mehr mitmischen, ist sicherlich eine große Genugtuung. Bestimmt auch bei SPD und Grünen.

Özdemir handelt aus purem Eigennutz

Dass Özdemir den Ländern inhaltlich so weit entgegenkommt, kann dabei nicht wundern. Als potenzieller Ministerpräsident von Baden-Württemberg würde er selbst von der Einigung profitieren. Sein Land müsste so gut wie keine neuen Gelder bereitstellen.

Und dann ist auch noch die Abkehr vom Königsteiner Schlüssel und damit eine bedarfsgerechtere Mittelvergabe, wie sie Stark-Watzinger für den Digitalpakt 2.0 forderte, vom Tisch. Baden-Württemberg und andere reiche Länder können also weiter auf ihre Pfründen hoffen, auch wenn das Geld woanders dringender benötigt würde.

Für die Schulen und die klammen Kommunen wäre eine andere Botschaft besser gewesen: nämlich, dass Bund und Länder den Digitalpakt 2.0 wieder so großzügig ausstatten wie den Vorgänger: Jetzt wäre es nicht mal halb so viel Geld. Das kann die neue Regierung gerne korrigieren.

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Ralf Pauli
Redakteur Bildung/taz1
Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.
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4 Kommentare

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  • Selbst mit den Linken wäre eine viel konstruktivere Regierungsarbeit abgegangen, doch gewählt damals ist gewählt. Demokratie muss auch mal schmerzen.

    Den Lindner-Schauspieler-Fehler werden so schnell nicht mehr viele begehen.

    Die mahnenden Worte jedoch haben auch einen Punkt. Digitalisierung war Aufgabe von FDP-Ressorts und von Faeser, das wurde etwas angegangen, mehr als unter Neuland-Merkel, aber noch nicht genug.

  • Diese Berufspolitiker entsprechen in keinster Weise den Grundgedanken der Demokratie...



    Eine verfestigte Politikelite spielt ungehindert ihre Spielchen.



    Wenn nun, die längst überfällige, Digitale Umsetzung an den Schulen erfolgt, kann man ja echt froh sein.



    Noch sind die Schüler nicht im Rentenalter.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Zu ihrem Nebenpunkt: David van Reybrouck erinnert in einem kleinen Buch an die athenische Demokratie, die loste. Das setzt aber voraus, dass jeder sehr fit ist und entsprechend viel Zeit mit Politik und Nachdenken verbringt. Das war eigentlich nur reichen Sklavenbesitzern gegeben.



      Sonst haben wir Spezialisierung und Professionalisierung eben auch beim Feld Politik wie bei Fußball, Fischverkaufen, ...



      Nur kurz eingeworfen, dass auch das nicht so simpel ist, wie es manchmal klingen soll.

      • @Janix:

        Jupp - interessanter Mann, der David Reybrouck.



        Zu den " Spezialisten " die wir haben :



        34.000 Lobbyisten sind im deutschen Lobbyregister aufgeführt, die in Berlin tätig sind.



        In Brüssel sind 29.000 Lobyisten versammelt.



        Laut Lobbycontrol verfügen die Lobbyisten in Brüssel über ein Jahresetat von etwa 1,3 Milliarden Euro.



        Es ist wirklich nicht so simpel....😉