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Einigung über deutsche AbschlüsseDas Abitur bleibt erst einmal außen vor

Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften haben sich geeinigt. Nun gibt es einen Weg, deutsche Bildungsabschlüsse europaweit vergleichbar zu machen.

Das Abitur sollte mehr wert sein als Abschlüsse aus dem Ausland, vorerst aber doch nicht. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Streit, ob das Abitur mehr wert ist als eine Ausbildung, ist beigelegt - zumindest vorläufig. Bund, Länder und Sozialpartner einigten sich am Dienstag in Berlin darauf, die Bewertung der allgemeinbildenden Schulabschlüsse und damit vor allem des Abiturs im Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) für einige Jahre außen vor zu lassen.

Mit dem DQR sollen schulische, berufliche und akademische Abschlüsse auf europäischer Ebene vergleichbar werden. So soll es künftig leichter fallen, sich auf Jobs im Ausland zu bewerben. Die Europäische Union hatte alle Länder aufgefordert, ein entsprechendes Ranking vorzulegen.

In Deutschland führte das Vorhaben jedoch zu erbittertem Streit. Arbeitgeber, Gewerkschaften, die Bundesregierung sowie die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder lagen monatelang mit der Kultusministerkonferenz (KMK) über die Einordnung des Abiturs im Clinch. Die KMK wollte das Abi auf der achtstufigen Skala bei Stufe 5 einordnen. Fast alle drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsgänge sollten hingegen auf Stufe 4 landen. Es wäre ein deutsches Alleinstellungsmerkmal geworden: Fast alle Länder, darunter Frankreich, die Niederlande oder Schweden, haben dem Abitur vergleichbare Abschlüsse auf Stufe 4 eingeordnet.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) begründete das Ausklammern der allgemeinbildenden Schulabschlüsse damit, dass sie nur mittelbar auf das Berufsleben vorbereiteten: "Niemand bewirbt sich mit Abitur auf einen Arbeitsplatz", sagte Schavan. Beim DQR gehe es jedoch vorrangig um die Mobilität auf den Arbeitsmärkten.

Der jetzt beschlossene DQR stellt die berufliche und akademische Bildung in einigen Bereichen gleich: So werden Bachelor und Meistertitel beide auf Stufe 6 eingeordnet. "Wir stärken damit das System der beruflichen Bildung", sagte die Vize-DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock. Künftig soll der DQR auch helfen, dass fertige Azubis sich leichter in der akademischen Welt wie Universitäten weiterbilden können.

In fünf Jahren kommt der DQR erneut auf dem Prüfstand. Mit Blick auf die Erfahrungen im europäischen Ausland will man dann noch einmal über die Einordnung des Abiturs, aber möglicherweise auch eine Neubewertung der dualen Berufsausbildung diskutieren. Denn die gebe es in anderen europäischen Ländern nicht, sagte KMK-Vorsitzender Ties Rabe (SPD).

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5 Kommentare

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  • A
    Astraia

    lieber Arno,

     

    seit Jahrzehnten erhalten die Jugendlichen in Finnland, Dänemark, Frankreich, Polen und fast allen anderen Ländern in JEDER Sekundarstufe 2 - wozu auch die Ausbildung gehört - Allgemeinbildung und ein Abitur - -nur in Deutschland nicht.

     

    in Deutschland sollen die keine Allgemeinbildung haben dürfen. Die sollten die nie haben. Also hat man lieber Millionen entgegen anderswo gültiger Standards mehrfach die Sekundarstufe 2 machen lassen. International üblich ist, dass es immer weiter geht im Bildungsweg!

     

    Teilweise waren die bei Ausbildungsbeginn sehr jung, so das sie noch gar nicht wissen konnten, dass sie eigentlich gern noch was anderes machen wollen.

     

    Die Ausbildung in Deutschland ist mit Absicht! eine Sackgasse!

     

    schon in den 1980er Jahren wurde von EU-Ebene darauf hingewiesen, dass in DE die Durchlässigkeit höher sein müsste - passiert ist nichts.

     

    Bis heute oft nicht.

     

    vor über 200 Jahren wollte Humboldt eigentlich das Gymnasium für alle öffnen -- seit dem hält man in Deutschland "Arbeiterkinder" mit Absicht von Bildung ab.

     

    das ist dann sogar noch nach der Nazi-Zeit weiter kultiviert wurden in Form der "Begabungstypen". Die hat hier auch in der Berufspädagogik überlebt.

     

    in Wirklichkeit hält man diesen seit über 200 Jahren die Allgemeinbildung in Deutschland vor - das ist das spezifisch deutsche Bildungsschisma, was einzigartig in der Welt ist.

     

    die Wahrheit ist: das deutsche "Innovationssystem" will gar keine Breitenbildung möglichst vieler, deshalb macht man es mit Absicht hier schwer und hält sich nicht an die Standards. die mangelnde Durchlässigkeit war die ganze Zeit mit Absicht.

     

    Das sind hier immer nur die blöden Facharbeiter und anderswo gleichgestellte Bürger. Gleiche Bildung macht Bürger immer gleich!

     

    in Angesicht dessen müsste meiner Meinung nach der Geselle in Stufe 6 des EQR - dem fehlt nur das Abitur, was die anderswo bekommen hätten. Der Maßstab ist, ob der Beruf im Ausland ein Studium ist!

     

    beim EQR interessiert nur, was dabei rauskommt - es interessiert nicht der Lernort.

     

    ihnen fehlt nur die Oberstufe hier.

     

    und mittlerweile ist deren Ausbildung mit aller Gewalt in Stufe 4 des EQR gepresst worden. Das Leitbild ist jetzt immer das "einfache Niveau"

     

    Mit Absicht nach unten geprügelt. Und nur noch Prozessorientierung aus der BWL --- bei denen ist Qualität total egal.

     

    Deutschlands Niveau ist unterirdisch. Menschenrechte werden hier verletzt, die Nazizeit und Ständestaat hat überlebt und der Deutsche hält das alles für normal.

     

    außerdem ist das keine Demokratie hier, sondern eine Technokratie und Wirtschaftsdiktatur. Die Bildung hat sich die Wirtschaft zu großen Teilen gesichert. anderswo macht das der Staat!

  • S
    Steve

    Ich frag mich eher warum ich mir an der FH 4 Jahre den Ars** aufreiße um einen B.Sc zu machen wo ich doch genauso in knapp einem Jahr den Meister machen könnte, der ja scheibar den gleichen Stellenwert hat?! Ich frage mich welche Pfeiffen solche Entscheidungen treffen.. das nagt schon heftig an der Motivation, ich hoffe das sich solche seltsamen Einstufungen in Deutschland und dem restlichen Europa nicht durchsetzen.

    Da ich einen Berufsabschluss habe kann ich auch so ungefähr einschätzen wie die niveau Unterschiede sind, also: was soll der Mist?

  • Z
    Zizo

    Schön wäre es wenn man erläutern würde, ob 5 mehr wert oder weniger wert ist als 4. Mit der 6 für Bachelor-Studiengänge ist es noch irritierender.

  • B
    Bla

    So war es ja auch gedacht!

     

    Schön dass sich Vernunft auch mal durchsetzt.

  • AB
    Arno Besendonk

    Ja klar,eine dreijährige Ausbildung zum KFZ - Reiniger (Tankwart) steht dem Abitur gleich.

    Fragt man sich doch, was Gewerkschafter wirklich vom realen Leben verstehen!

    Offenbar sind es doch nur verblendete Ideologen!