Einigung mit den Hohenzollern: Ein bisschen viel monarchisches Feeling
Im Rechtsstreit um Tausende Kunstwerke der Hohenzollern gibt es eine außergerichtliche Einigung. Welchen Preis das hat, wird die Zukunft zeigen.

E s klingt nach einem guten Deal, als hätte Donald Trump die Fäden hinter den Kulissen gezogen (hat er doch für Monarchen, wie jüngst in Saudi-Arabien zu sehen, viel übrig). Alle Beteiligten feiern sich und die Einigung, besser gesagt den außergerichtlichen Vergleich: der Bund, die Länder Berlin und Brandenburg, drei betroffene Stiftungen und natürlich Georg Friedrich Prinz von Preußen. Letzterer hatte als Urenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. und Familienoberhaupt der früheren Herrscherfamilie Tausende Kunstwerke in Berliner und Brandenburger Museen und Schlösser für sein Haus reklamiert.
Ein fast 100 Jahre währender Rechtsstreit zwischen den Hohenzollern und der öffentlichen Hand wurde beigelegt, teilte der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer Anfang der Woche mit (daher gibt es das Foto zu diesem Text aus dem Schloss Sanssouci). Dazu wird eine neue gemeinnützige „Stiftung Hohenzollernscher Kulturbesitz“ gegründet, die fortan sämtliche Objekte verwalten soll.
Das ist erst einmal eine gute Nachricht. Denn sie bedeutet endlich Rechtssicherheit. Und man muss sich vergegenwärtigen, worum es hier eigentlich geht: Betroffen sind allein rund 3.000 Objekte in den Sammlungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Deutschen Historischen Museums.
Betroffen ist das Inventar, also etwa Möbel, Geschirr und Gemälde, aus insgesamt gut 70 Schlössern, Villen und weiteren Liegenschaften in Berlin und Potsdam, die 1945 im Eigentum oder in Nutzung der Hohenzollernfamilie waren. Es handelt sich zudem um Gegenstände aus dem Besitz der Familie, die schon 1918 nach dem Ende der Monarchie beschlagnahmt wurden.
Krone und Reichsapfel bleiben ausgestellt
Viele bedeutsame Kunstgegenstände bleiben damit öffentlich zugänglich – wie schon bisher –, das aber nun rechtlich verbindlich. Das sind zum Beispiel wertvolle Gemälde wie das Bildnis Kurfürst Joachim I. von Brandenburg von Lucas Cranach dem Älteren, das sind auch Krone, Zepter und Reichsapfel von Preußenkönig Friedrich I., die im Schloss Charlottenburg zu sehen sind – und dort auch bleiben sollen. Allein die Hausbibliothek mit den Buchbeständen der Preußenkönige seit Friedrich dem Großen umfasst rund 18.000 Bücher.
Die Nachfahren des letzten deutschen Kaisers hatten auf all diese Objekte über Jahrzehnte hinweg Besitzansprüche angemeldet. Diese sind mit der Einigung und der Gründung der „Stiftung Hohenzollernscher Kulturbesitz“ Geschichte. Kulturstaatsminister Weimer äußerte sich zufrieden: „In der Stiftung wird die öffentliche Hand die klare Mehrheit behalten.“ Na, hoffentlich. „Es ist absolut gewährleistet, dass die Öffentlichkeit in Zukunft Eigentümer dieser Kunstobjekte ist“, sagte er weiter, „und die Eigentumsfrage damit endlich nach 100 Jahren geklärt ist.“
Doch zu welchem Preis? Und überhaupt: Warum gibt der deutsche Staat klein bei? Hatte man Angst, den Rechtsstreit zu verlieren? Haben deshalb die Verantwortlichen dem Prozedere ihren Segen gegeben – sozusagen einen Hofknicks gemacht? Ein bisschen viel monarchisches Feeling für bundesrepublikanische Verhältnisse.
Auffällig am Vorgehen ist: Obwohl der neue Kulturstaatsminister den Vergleich verkünden konnte, wurde dieser natürlich von langer Hand vorbereitet. Wenn, dann müssten Kulturstaatsministerin a.D. Claudia Roth und ihrem Stab die Lorbeeren für diese außergerichtliche Einigung gebühren. Doch vielleicht ist die Grünen-Politikerin ja ganz froh, dass dieser Kelch an ihr vorbeigegangen ist.
Dauerhafte Mitbestimmung im Stiftungsrat
Erkauft wurde dieser Deal mit der Konstruktion der neuen Stiftung. Die Nachfahren des Preußenkönigs verzichten zwar auf ihre Besitzansprüche, haben sich aber eine dauerhafte Mitbestimmung im Stiftungsrat gesichert. Was das bedeutet, wird erst die Zukunft zeigen. Eine Einflussnahme seitens der Adelstitelträger steht zu befürchten. Daher muss dauerhaft ausgeschlossen sein, dass die Hohenzollern der gemeinsamen Stiftung ihren Willen aufzwingen können – das geht durch klare Mehrheiten und weitgehende Vetorechte der öffentlichen Hand in den Aufsichtsgremien.
Und die Hohenzollern gehen bei diesem Vergleich nicht völlig leer aus. Die Eigentumsrechte von sieben Tabaksdosen, die einst Friedrich dem Großen gehörten, gehen an die Nachfahren. Natürlich sind das nicht irgendwelche Schmuckdosen, die da aktuell noch im Schloss Charlottenburg zu besichtigten sin.
Die sogenannten Tabatieren sind kostbar: aus Halbedelsteinen gefertigt, mit Brillanten besetzt, in Gold gefasst. Zwei dieser Schmuckdosen sollen als Dauerleihgabe der öffentlichen Hand erhalten bleiben. Über die anderen fünf können Hohenzollern-Nachfahren dem Vernehmen nach nun frei verfügen. Immerhin handelt es sich um Millionenwerte.
„Ein fader Beigeschmack bleibt“, findet darum auch Daniel Wesener von der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Sprecher für Kulturfinanzierung. Die neue Stiftung und die Rückgabe der historischen Tabatieren wären ein „Prestigegewinn für die ehemalige deutsche Herrscherfamilie, obwohl die dem Nationalsozialismus erheblichen Vorschub geleistet und somit keinen Anspruch auf Ausgleichsleistungen hat.“
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