Einigung im Tarifstreit: Noch mehr Geld für Ärzte
Nach einem 23-stündigen Verhandlungsmarathon gab es den Durchbruch. Zwei Prozent mehr Gehalt für Klinikärzte, so das Ergebnis. Beide Seiten sind zufrieden. Die Streiks sind abgesagt.
FRANKFURT/MAIN dpa | Die rund 55 000 Ärzte an den kommunalen Krankenhäusern in Deutschland bekommen mehr Geld. Die Erhöhung um zwei Prozent mehr Gehalt gilt rückwirkend vom Mai an für 16 Monate, wie Arbeitgeber und Ärztegewerkschaft am Mittwoch gemeinsam in Offenbach bekanntgaben. Darüber hinaus soll es für vier Monate eine Einmalzahlung von 400 Euro geben.
Hinzu kommen rückwirkend vom Mai an mehr Geld für Bereitschaftsdienste sowie Nachtzuschläge von 15 Prozent. Rückwirkend vom Januar an gibt es für Bereitschaftsdienste Zusatzurlaub und einen 15-prozentigen Zuschlag auf Vollarbeit in der Nacht zwischen 21.00 und 6.00 Uhr.
Joachim Finklenburg, Verhandlungsführer für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), sagte: "Der Abschluss war sehr schwierig." Es sei aber ein vertretbarer Kompromiss zustande gekommen. Erstmals seien Nachtzuschläge vereinbart worden. Der Abschluss sei allerdings sehr kostenintensiv. So müssten die kommunalen Kliniken 140 Millionen Euro aufbringen. Die Gegenfinanzierung bezeichnete Finklenburg mit Blick auf die Gesundheitspolitik des Bundes als "sehr fraglich".
"Insgesamt ist es ein ordentliches Ergebnis", sagte auch Lutz Hammerschlag von der Ärztegewerkschaft Marburger Bund. Gerade für die Nachtzeiten zwischen 21.00 und 6.00 Uhr beinhalte die Einigung deutliche Verbesserungen. Mit der erarbeiteten Vereinbarung könnten Berufseinsteiger zudem schneller in höhere Gehaltsstufen aufsteigen.
Hammerschlag erklärte die Streiks an den bundesweit 700 kommunalen Kliniken mit sofortiger Wirkung für ausgesetzt. Die Einigung steht allerdings noch unter Vorbehalt: Am Samstag soll die Tarifkommission des Marburger Bundes über das Ergebnis abstimmen.
Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Finklenburg, nannte die Arbeitsniederlegungen "unglücklich". In einigen Krankenhäusern hätten sie zu "erheblichen Schäden" geführt. Die Einigung zwischen Marburger Bund und VKA war am Mittwochmorgen nach einem 23-stündigen Verhandlungsmarathon in einem Offenbacher Hotel zustande gekommen.
Zuvor hatte wochenlang Funkstille zwischen Arbeitgebern und den Ärztevertretern geherrscht. Am vergangenen Wochenende gab es dann nach Angaben der Gewerkschaft informelle Kontakte und positive Signale der Arbeitgeber. Am Montag waren tausende Ärzte zu einer zentralen Kundgebung auf dem Frankfurter Römerberg gekommen, um ihren Forderungen noch einmal Nachdruck zu verleihen.
Bei den Tarifverhandlungen hatte der Marburger Bund zuletzt fünf Prozent mehr Geld sowie eine deutlich bessere Bezahlung der Bereitschaftsdienste gefordert. Die kommunalen Arbeitgeber boten vor der Einigung 2,9 Prozent bei einer Laufzeit von 33 Monaten.
Leser*innenkommentare
BerlinaMan
Gast
Hüstel, hüstel, liebe ärztliche Mitkommentatoren. Ohne hier auf Zahlen einzugehen: wie war das nach der letzten Erhöhung, waren die Ärzte nicht sogar selbst überrascht, um wieviel mehr ihnen real bleibt? Nachdem sie vorher massiv die geplanten Erhöhungen als natürlich viiiieeel zu niedrig abtaten?
Die Wahrheit unterm Strich: Ärzte sind in Deutschland massiv mit ihrer Lobby vertreten.
Nicht alles, was diese Lobbyvertreter so sagen, ist auch real so. Man muß davon nicht alles glauben. Hier geht es um Interessenvertretung dieser speziellen Berufsgruppe. Das macht der Lobbyverband gut.
Aufgabe der gesellschaftlichen Gegenseite/des Gesundheitsministeriums ist es, 'Begierden' in gesellschaftlich verträgliche Bahnen zu lenken.
EpiProf
Gast
Allen bisherigen KommentatorInnen empfehle ich dringend ein Public Health Studium. Der Wohlstand und alles was damit zusammenhaengt haelt uns gesund und stellt die Heilmittel bereit. Was macht denn ein Arzt ohne Medikamente und Medizintechnik? Nichts. Ein reicher Staat hat viele Aerzte, aber ein Kausalschluss ist nicht belegt. Schaut Euch doch mal "Does Healthcare save lives?" vom Britischen Welcome Trust an. AerztInnen sind der am meisten ueberschaetzte Beruf ueberhaupt. Im Gegensatz zu den Laendern, in denen Aerzte mehr verdienen, wird das Studium in Deutschland sozusagen vom Volk finanziert, waehrend ein/e junge/r AerztIn zB in den USA mit 200.000 $ Schulden aus dem Studium kommt. Die genannten Angaben zum Einkommen junger Aerzte in D stimmen nicht, man kann das online nachpruefen. Ausserdem kann man in D sofort nach dem Abitur Medizin studieren, waehrend man hier in Kanada, von wo aus ich schreibe, erst 4 Jahre einen Bachelorstudiengang absolviert haben muss. Hier gibt es auch vernuenftige Auswahlverfahren und die KandidatInnen muessen soziales, sportliches oder kuenstlerisches Engagement nachweisen, weil niemand diesen Typ "eindimensionaler Egomane" haben will, der sich vor allem selbst leid tut. Generell taete den deutschen Aerzten ein Blick ueber den Tellerrand mal ganz gut. Zum Beispiel in die Landwirtschaft, Gastronomie, ins Hotelgewerbe oder generell in viele Familienbetriebe, dagegen haben Aerzte einen Halbtagsjob. Und wenn dann mal was schief geht, was ja nur menschlich ist. Wie viele Aerzte werden denn ueberhaupt herangezogen oder gar verurteilt?
Redbranch
Gast
Die Überschrift ist suggestiv und in keinster Weise begründet.
Ihr solltet Euch was schämen, so was ist schlichtweg peinlich und primitiv.
Gemessen an dem, was Krankenhausärzte leisten, verdienen sie nicht viel. Vergleicht das doch bitte mal mit dem Gehalt eines durchschnittlichen nicht-akademischen Angestellten in der Pharmaindustrie und vielleicht nicht unbedingt mit taz-Gehältern.
Das würde diese unangemessene Überschrift dann auch direkt ad absurdum führen.
Lohnrechner
Gast
Die Überschrift ist in der Tat fragwürdig. Aber: In Krankenhäusern verdienen Ärzte auch sehr viel Geld. Nach 15 Berufsjahren liegt das bei ~90.000€/Jahr für einen Oberarzt. Verglichen mit z.B. promovierten Ingenieuren oder Wissenschaftlern in öffentlichen Einrichtungen (die ein ähnlich langes Studium + Zusatzqualifikationen + schlecht bezahlte Promotionsstelle hinter sich haben) ist das in der Tat viel Geld.
Mit Gehältern außerhalb der geschützten Welt eines Krankenhauses darf man nicht vergleichen: Der Krankenhausarzt trägt kein Risiko aufgrund äußerer Einflüsse seinen Job zu verlieren.
Das Problem liegt in der strukturell schlechten Bezahlung junger Ärzte. Hier muss nachgebessert werden. Und das geht nicht, ohne bei älteren Ärzte ein paar Gehaltsteigerungen ausfallen zu lassen. Nur so kommt die *durchschnittlich* gute Bezahlung der Ärzte auch bei allen an!
Steffen
Gast
Schade das die taz so eine Überschrift wählen muss. Ich haben icht das Gefühl das mich am Ende meines Studiums der Reichtum erwartet.
Christina
Gast
In Zeiten wo sich ich, aber auch viele meiner KommilitonInnen, überlegen nach der Ausbildung in ein Land wie beispielsweise Norwegen auszuwandern um dort zu arbeiten (in erster Linie wegen besserer Arbeitsbedingungen und nicht primär weil man sich dort ein goldenes Näschen verdienen kann),
klingt "noch mehr Geld für Ärzte" schon ein bisschen irritierend.
Ich habe die genauen Zahlen gerade nicht im Kopf, aber für unverheiratete, kinderlose Berufseinsteiger liegt der Nettolohn bei um die 1700€. Das ist nicht wenig Geld, aber auch nicht viel nach 6 Jahren Studium, bei einer Wochenarbeitszeit von etwa 50-70h und vor allem bei der Verantwortung, die schon junge Ärzte tragen müssen.
Es ist wichtig, dass eine Diskussion über die Vergütung von Arbeit im Gesundheitswesen immer wieder stattfindet, sei es bei Pflegern oder Ärzten.
Ärzte sind keine Manager von Riesenkonzernen, und sie bekommen KEIN solches Gehalt!
Diese Überschrift weckt aber solche Assoziationen.
Lisa
Gast
Ich kann mich den beiden anderen Lesern nur anschließen: So eine Überschrift ist eindeutig wertend und suggiert, dass die Ärzte doch eigentlich schon genug verdienen, nun aber so vermessen sind, noch mehr Geld zu verlangen. Dies ist jedoch keine Nachricht, sondern Meinung und sollte eindeutig als solche gekennzeichnet sein!
wohlfarth
Gast
Offensichtlich ist die taz der Meinung dass Ärzte grundsätzlich zu viel Geld erhalten, warum eigentlich? Vielleicht weil in Griechenland ein Arzt durchschnittlich um die 900 EUR bekommt und sich die Ärzteschaft hierzulande daran ein Beispiel nehmen soll? Bitte um Klärung, danke.
Jon
Gast
Wenn man 'Noch mehr Geld für Ärzte' titelt, sollte man im Artikel auch absolute Beträge nennen, sprich wie viel ein Arzt pro Stunde verdient, und einen Vergleich zu anderen Berufsgruppen anschließen. In dieser Form hat das ganze eher Bild-Niveau ('Ärzte stopfen sich die Taschen').
Jan
Gast
Eine interessante Überschrift. Wieso „noch mehr“ Geld?
Ist es nicht ein normaler Vorgang, dass wenn ein Tarifvertrag ausläuft, ein neuer verhandelt wird, meistens mit Gehaltssteigerungen für die Angestellten?
Oder ist die taz der Meinung, dass die Ärzte zu viel Geld bekommen? Dann sollte man das begründen und als Kommentar markieren.