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Einfach respektlos

Weil sich eine tschechische Wochenzeitung viel zu viele Gedanken über Korruption machte, will sie der Premierminister nun in den Ruin treiben

aus Prag ULRIKE BRAUN

Die tschechische Regierung befindet sich auf dem Kriegspfad. Erklärter Feind: Die Wochenzeitung Respekt. Auf 170 Millionen Kronen (rund 10 Millionen Mark) Schadensersatz wollen die sozialdemokratischen Minister um Premier Miloš Zeman das kleine Intellektuellenblatt verklagen. Denn seine Ehre ist jedem Mitglied des 17-köpfigen Kabinetts ganze 10 Millionen Kronen wert.

Beleidigte Regierung

Respekt müsse zerstört werden, erklärte Zeman bestimmt. Auf den Schwanz getreten fühlt sich die Regierungsriege von einem Artikel in der aktuellen Ausgabe: Denn da schreibt Respekt Chefredakteur Petr Holub in einer eher allgemein gehaltenen Abhandlung über de Tocquevillles Theorie von der Bestechlichkeit: „Auch in Tschechien hat sich das öffentliche Interesse gegen die Korruption gestellt und hat so vor drei Jahren Miloš Zeman in den Premiersessel gehoben. Seine Regierung aber hat den Kampf gegen die Korruption verloren (. . .), auch durch das korrupte Verhalten ihrer Minister, vom jüngsten bis zum ältesten.“

Und nun fühlt sich das Kabinett der Minderheitsregierung also in „seiner Ehre verletzt“, wie Vizepremier Pavel Rychetsky sagte. Er selbst wisse, dass er niemals in seinem Leben korrupt gehandelt habe.

Respekt-Chef Holub weist die Vorwürfe der Minister zurück. Er habe sie schließlich nicht als korrupt bezeichnet, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass sie eine korruptionsgeladene Atmosphäre ermöglichen. In diesem Punkt teilt auch die EU Holubs Meinung. Sie hat in ihrem diesjährigen Bericht zur Entwicklung der Beitrittskandidaten ausdrücklich die Korruption in der Tschechischen Republik kritisiert. Und auch die Agentur „Transparency International“ hat in ihrer letzten Untersuchung Tschechien unter die Spitzenreiter korrupter europäischer Staaten eingereiht. Härtere und direktere Anschuldigungen, was die Korruption betrifft, kommen also auch von höherer Seite.

Nur dass die ein weit gewichtigerer Gegner wäre als eine kleine Wochenzeitung, die größtenteils aus den Privatmitteln von Adelsspross und Ex-Präsidentenberater Fürst Karl von Schwarzenberg finanziert wird. Irgendwie müsse er die da oben ja ein bisserl ärgern, soll Schwarzenberg einst auf die Frage geantwortet haben, warum er einen Teil seines recht ansehnlichen Vermögens in eine kaum Gewinn bringende Publikation wie Respekt stecke.

Des Fürsten Schreiberlinge kommen diesem Anliegen mit Bravour nach. Mit einer gehörigen Portion von Seriosität und Hintergrundwissen verstehen sie es, den Herrschenden immer wieder einen Spiegel vorzuhalten, ihnen zu zeigen, dass der Kaiser nackt ist. Innerhalb der tschechischen Medienlandschaft, in der die Grenze zwischen Boulevard und Berichterstattung oft verschwimmt, hat Respekt in den zwölf Jahren seines Bestehens so den Ruf der Seriosität gewonnen.

Umso unbeliebter ist das Blatt deshalb aber in der tschechischen Politszene, die ohnehin auf Medienkritik sehr empfindlich reagiert. Premier Zeman, der für seine Abneigung gegenüber Journalisten bekannt ist, nannte die Wochenzeitung schon früher einmal eine “journalistische Dunggrube“.

Der Schweinehirte

Ob es Zeman nun schafft, den Schweinehirten zu spielen und sie auszuheben, bleibt abzuwarten. Schon jetzt haben einige seiner Minister einen möglichen Rückzug angekündigt. „Politiker sollten nicht darüber entscheiden, welches Medium liquidiert werden soll oder nicht“, kommentierte Innenminister Stanislav Gross Zemans Wunsch, Respekt zu zerstören. Auch ist die Presse- und Meinungsfreiheit in der tschechischen Verfassung verankert.

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