■ Kommentar: Einfach auslachen
Das fing gut an. 15 Junghammel vor dem Roten Rathaus, denen von „Oberschafmacher“ Verteidigungsminister Volker Rühe zugesichert wird, daß „die Würde des Schafes im Rahmen der Genfer Schlachtordnung unantastbar“ sei. So geschehen am vergangenen Samstag beim „öffentlichen Schafsgelöbnis“ als Auftakt der Proteste gegen die morgige öffentliche Vereidigung von Bundeswehrrekruten am selben Ort. Da hatten die Veranstalter die Lacher auf ihrer Seite über die dummen Schafe, die per Befehl treu zur Herde stehen und „mäh!“ machen. Ziel erreicht – gerade in den Kategorien einer Mediengesellschaft, der in originellen Bildern der Protest gegen das Spektakel der Bundeswehr nahegebracht wurde. Auch vor zwei Jahren war es ähnlich: Damals gab es eine weithin beachtete Vereidigung von mehreren hundert Gartenzwergen.
Und was folgt morgen? Noch ist nicht entschieden, wo der öffentliche Protest der Gelöbnis-Gegner stattfinden darf. Demonstrieren ist unverzichtbar, sich aber einzulassen auf die Konfrontation mit zweitausend Polizisten wäre töricht und genauso hirnlos wie die Bundeswehrstrategen. Nichts paßt einem Verteidigungsminister Volker Rühe und einem Innensenator Jörg Schönbohm mehr ins Bild als Randale. Dann nämlich wird nicht mehr diskutiert über die gezielte Militarisierung des öffentlichen Raums durch die Bundeswehr, die Glorifizierung eines fatalen Gehorsams und die Normalität von Auslandseinsätzen deutscher Soldaten. Bedroht wird dann die zivile Demokratie angeblich von gewalttätigen Demonstranten und nicht von einer Bundeswehr, die wieder die Muskeln spielen lassen möchte. Die Bundeswehr dagegen einfach auszulachen ist subversiver und erfolgreicher. Gerd Nowakowski
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