: Eine graue Suppe
Mit Format: Die ffn-Programmdirektorin Ina Tenz riecht überall jedes Bürgerradio drei Meilen gegen den Wind
Die waschechte Niedersächsin Ina Tenz ist seit Juli 2004 Programmdirektorin von Niedersachsens erstem und erfolgreichstem Privatradio ffn. Insgesamt ist sie seit fünf Jahren für den „Comedy-Sender Nr. 1“ für Hörer zwischen 20 und 39 Jahren tätig und seit 12 Jahren „mit wachsender Leidenschaft“ dem Radiomachen verfallen.
Frau Tenz, sind Bürgerradios Konkurrenz für ffn?
Einmal ist jeder Sender, der Hörer abgreift, Konkurrenz für uns. Andererseits praktizieren die Bürgerradios diesen Ur-Radio-Gedanken, einfach zu experimentieren. So klingt‘s dann auch. Ein Bürgerradio wird nie ein homogenes Klangbild abgeben können. Ich betrachte es eher als Ausbildungsstätte. Deswegen kann ich solche Projekte nur unterstützen. Wenn dann die Leute Talent haben, finde ich es legitim, wenn sie ein Angebot bekommen von einem großen Sender.
Hört sich ja an, als würde, wenn man zum Privatfunk wechselt, die Leidenschaft sterben, weil man sich auch wirtschaftlichen Kriterien unterwerfen muss?
Nein, weil wir ja genau auf der Suche sind nach Leuten, die aus Leidenschaft Radio machen. Wir brauchen diese Begeisterung für unser Produkt, das doch etwas professioneller ist. Privatfunk ist ja weit kreativer und weit besser entwickelt als Bürgerfunk.
Das wird durchaus kritisch wahrgenommen. Zum Beispiel, dass der Wortanteil sich schmälert.
Es geht ja nicht darum, dass sich da jemand selbst verwirklicht, sondern darum, dass die Hörer die Inhalte begreifen. Wenn jemand länger als eine Minute 30 redet, stirbt die Aufmerksamkeit. Die Leute beim Bürgerfunk denken sich, sie wären revolutionärer, aber in Wirklichkeit sind sie unstrukturierter. Sie verstehen nicht, wie Radio funktioniert. Aber Radio hat wirtschaftliche Interessen. Es geht um Hörerbindung, um Hörerzahlen, und wir wissen, wie wir die bekommen.
Gibt es denn überhaupt noch Freiräume im Privatfunk?
Der Kreativität sind nie Grenzen gesetzt. Es gibt da eben professionelle Dinge. So wie eine Zeitung auf Papier gedruckt wird, so gibt es eben im Radio auch ein Format, das sich erfolgsorientiert entwickelt hat. Innerhalb der Verwirklichungsform gibt es Freiräume ohne Ende.
Und doch ist die jetzige ffn-Programmstruktur ja recht deutlich. Das war nicht immer so.
ffn war in der Anfangszeit der revolutionäre Sender, weil er sich gegen den NDR positioniert hat und Comedy brachte. Ich bin in Cloppenburg aufgewachsen und da haben wir nur ffn gehört, weil das was Neues war. Und die Lehrer in der Schule haben gesagt: Hört nicht ffn, das ist ein Terroristensender, mit RAF-Geld finanziert. Ich denke, dieses Image hat sich ffn bewahrt, ein bisschen eckiger zu sein. Es gab dann eine Phase, wo ffn sehr mainstreamig geworden ist, aber wir versuchen, das aufzubrechen und dem Sender wieder mehr Profil zu geben.
Apropos Profil: Das Formatradio ist ja immer in der Kritik.
Jedes Radio ist ein Formatradio. „Format“ bedeutet ja nichts anderes als Wiedererkennbarkeit. Wenn ich ein Bürgerradio einschalte, dann riech‘ ich das drei Meilen gegen den Wind in ganz Deutschland. Bürgerradios klingen überall identisch. Polemisch gesagt: eine einzige graue Suppe in Deutschland. Zum Privatradio sagen die Leute ja Dudelradio, wenn sie Formatradio meinen. Das stimmt nicht. Man testet Musik und spielt die, die ankommt. Bürgerradios spielen ungetestete Musik, das, worauf der DJ gerade Bock hat. Es gibt kein Radio, das kein Format hat. Es gibt nur Hörerbindung und Wiedererkennung. FRAGEN: K.FRITZSCHE