: Eine Rarität
Pralles barockes Theater aus England kommt nach Bremen: ,,Cupid and death“
1653 und 1659 haben sie die Parabel auf den Zustand der Welt geschrieben, deren Handlung den Fabeln des Äsop entnommen sind. Cupido und Tod übernachten eines Tages am selben Ort. Ein frecher Diener vertauscht aus Rache für ihre extravaganten Wünsche die Pfeile der Unsterblichen. Und dann gerät die Welt samt und sonders aus den Fugen. Amor bringt Liebespaare um, und der Tod löst Leidenschaften aus. Die Natur verzweifelt. Erst Gott Merkur, den sie vom Himmel rufen, kann wieder für Ordnung sorgen.
Es muss offenbar erst das Sommerloch in Bremen kommen, damit man eine derartige Rarität hören kann: Die erste vollgültige englische Oper nämlich, nach französischem Vorbild in fünf Aufzügenund mit gesprochenen Dialogen, Ballettsuiten, Rezitativen, Airs und Chören. Die Hamburger Gruppe „Les Enchantants“ ist mit ihrer Produktion zu den Brühler Schlosskonzerten eingeladen. Die Aufführung in Bremen kann zustande kommen, weil die Hamburger ganz einfach hier ihre Generalprobe abhalten.
Wiederentdeckt hat das Schmuckstück der Cembalist und Leiter des Ensembles, Klaus Westermann. Zuvor – in den achtziger Jahren – hatte es schon Anthony Rooley mit seinem ,,Consort of Musicke“ ausgegraben. ,,Als ich es kennen lernte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen, das steht in der Musikgeschichte gewaltig und einfach so da, wie Monteverdis ,Orfeo‘“, sagt Klaus Westermann heute.
Im vergangenen Jahr haben sie es beim Grazer ,,Styriarte“-Festival szenisch aufgeführt. „Les Enchantans“ gibt es zwar bereits seit 1991. Aber wenn man es ganz genau nimmt: In dieser neuen Besetzung und mit professioneller Organisation erst seit 1999. Die MusikerInnen haben sich auf französische Barockmusik spezialisiert, was sie nicht daran hinderte, kürzlich mit einer klangschönen Bach‘schen h-Moll-Messe in St. Lesum aufzufallen. Die Hauptrolle singt, wie damals bei Rooley, Andrew King. „Kühn und kraftvoll“ wird der Kompositionsstil von Gibbons von seinen Zeitgenossen beschrieben.Matthew Locke, von dem die ausdrucksvollen Rezitative und die meisten Airs der Oper stammen, war allerdings der erfolgreichere Tonsetzer, von dem bekannt ist, dass er als Musiktheoretiker er seine Kollegen mit giftigen, herablassenden Bemerkungen überschüttete – man ahnt, dass das damals spannende Persönlichkeien waren.
Ute Schalz-Laurenze
Freitagabend um 20 Uhr in der Kirche Unser Lieben Frauen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen