: Eine Milliarde auf Eis
■ Wirtschaftsstadtrat Pieroth: Bürokratie verhindert Milliardeninvestitionen/ Die Entwicklung bei Gewerbeanmeldungen verläuft positiv
Berlin. Die mangelnde Abrufung von Sonderkrediten und ungenügende Bereitstellung von Grundstücken und Gewerberäumen blockieren Investitionen in Milliardenhöhe für Ost-Berlin. Dies beklagte Wirtschaftsstadtrat Pieroth (CDU) gestern im Roten Rathaus. Weil aus dem Bonner Kommunalkreditprogramm von Ost-Berlin so gut wie nichts abgerufen worden sei und es bei der Grundstücksvergabe hapere, seien Investitionsprojekte in Höhe von »einer Milliarde und mehr auf Eis«, sagte er.
So gehe es beim geplanten 150-Millionen-Mark-Projekt für den Büro- und Gewerbekomplex an der Rhinstraße/Leninallee nicht voran, weil die Finanzverwaltung mit Hilfe des Gesetzes über besondere Investitionen bisher keine rasche Entscheidung in Sachen Grundstücksvergabe fälle. Der Stadtrat für Finanzen wird von der SPD gestellt. Die SPD hatte unlängst an der Politik von Pieroth Kritik geübt, weil dieser keine Konzepte für Wirtschaftsstruktur und Gewerbeansiedlung im Osten Berlins parat habe.
Pieroth, der auch eine Bilanz unter dem Titel 150 Tage Marktwirtschaft vorstellte, sprach ferner von einer mangelnden Beweglichkeit der Wohnungsbaugesellschaften bei der Neuvergabe von Gewerberäumen. Die Auftragsvergabe komme »nur schwerfällig in Gang«, heißt es im Bericht der Wirtschaftsverwaltung. »Nicht einen einzigen Fall hat die Finanzverwaltung bis heute abschließend bearbeitet, obwohl die Anträge zum Teil länger als vier Monate dort vorliegen.« Sollte es nicht bald zum Abbau der Bürokratie kommen, dann würde Ost-Berlin nach Ansicht Pieroths die Chancen auf einen raschen Aufschwung verspielen. Größere Arbeitslosigkeit sei dann vorprogrammiert. Derzeit hat der Ostteil 53.000 Arbeitslose und 75.000 Kurzarbeiter.
Positiv sieht die Entwicklung bei den Gewerbeanmeldungen im Ostteil Berlins in den ersten neun Monaten dieses Jahres aus. Die östlichen Stadtbezirke liegen mit den Gewerbeanmeldungen pro Einwohner an führender Stelle in den neuen Bundesländern, ermittelte die Magistratsverwaltung für Wirtschaft. Es wurden hier 18.300 solcher Anmeldungen registriert, davon allein im Juli bis September 9.306. Dem stünden nur 612 Abmeldungen in diesen drei Monaten gegenüber. dpa
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