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Eine Amigo-Affäre jagt die andere

■ Führende CSU-Politiker sollen Steuern in Millionenhöhe hinterzogen haben / Staatsanwälte ermitteln nach anonymer Anzeige / Die Parteispitze reagiert wie gewohnt: "Reine Erfindung", "alles Schmarrn"

München (AP) – Neue „Amigo“-Vorwürfe lassen die CSU nicht zur Ruhe kommen: Landtagsfraktionschef Alois Glück, der frühere bayerische Ministerpräsident Max Streibl und der ehemalige Finanzminister Gerold Tandler sollen Privatgeschäfte über Sonderkonten der Partei abgewickelt und dabei Steuern in zum Teil beträchtlicher Höhe hinterzogen haben. Das berichten die Nachrichtenmagazine Der Spiegel und Focus. Die drei Politiker wiesen ebenso wie CSU-Chef Theo Waigel die Anschuldigungen zurück.

Bei einer Durchsuchung der Bayerischen Vereinsbank am vergangenen Donnerstag in München beschlagnahmte den Berichten zufolge die Staatsanwaltschaft der Landeshauptstadt gemeinsam mit Fahndern des Finanzamtes Landshut Kontounterlagen der Politiker. Auslöser der Aktion seien Aufzeichnungen gewesen, die die Landshuter Beamten bei der Steuerprüfung eines Mitarbeiters der Bank im August 1993 gefunden hätten. Die jetzt sichergestellten Unterlagen bestätigten zum Teil die 1993 beschlagnahmten Aufzeichnungen.

Streibl soll der Steuerhinterziehung in Millionenhöhe bezichtigt worden sein. In einem anonymen Brief sei ihm unterstellt worden, er habe hochwertige Sachleistungen einer Großhandelsfirma vor dem Fiskus verheimlicht. Nach begründetem Anfangsverdacht habe die niederbayerische Steuerfahndung das Verfahren an die Oberfinanzdirektion der bayerischen Landeshauptstadt abgegeben. Die drei betroffenen Politiker bestritten, daß sie – wie in den Notizen aufgeführt – Konten unter ihrem Namen mit dem Zusatz „CSU – Politischer Verein“ geführt haben. Streibl und Tandler gaben an, nur persönliche Konten bei der Bank unterhalten zu haben. Zinserträge seien selbstverständlich versteuert worden, sagte Tandler. Im Fall Streibl soll es unter anderem um eine Abhebung in Höhe von 500.000 Mark am 8. Februar 1993 gehen. Der frühere Ministerpräsident ließ über seinen Anwalt mitteilen, es habe sich dabei „um eine Hilfestellung des Vaters für ein Haus seines Sohnes“ gehandelt.

Alois Glück nannte die Vorwürfe nach Angaben seines Sprechers Hermann Hofmann „absurd und haltlos“. Er habe weder als Privatmann noch beruflich ein Konto bei der Vereinsbank eingerichtet. Falls es tatsächlich ein Konto gebe, dann habe jemand „ohne mein Wissen meinen Namen für seine Zwecke mißbraucht“. Für diesen Fall werde er Rechtsmittel einlegen. Im übrigen hätten weder Staatsanwaltschaft noch das Finanzamt bei ihm nachgefragt, er wisse auch nichts über laufende Ermittlungen. Glück hob hervor, es habe auch keine Beschlagnahme gegeben, wie behauptet werde. Waigel sagte am Rande eines außenpolitischen Kongresses seiner Partei am Samstag in München: „Alles Schmarrn“. Streibl und Tandler hätten ihn in den letzten Tagen angerufen und ihm erklärt, die Vorwürfe seien „reine Erfindung“. CSU-Generalsekretär Bernd Protzner verwies darauf, daß Streibl und Tandler keine Persönlichkeiten aus CSU-Führungsgremien mehr seien.

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