piwik no script img

Eindämmungsverordnung bleibt unverändertVolle Härte gegen Corona

Das Kontaktverbot bleibt vorerst weiter bestehen, macht Berlins Innensenator klar. Mitregierende Linke und Grüne formulieren nur milde Kritik.

Auch im Mauerpark war die Polizei mit einem Lautsprecherwagen unterwegs Foto: dpa

Der Senat ist nicht bereit, die Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus zu überarbeiten, geschweige denn zu entschärfen. „Wir sind am Tage acht“, machte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses klar. Von Anfang an sei klar gewesen, dass es tiefe Einschnitte für die Bevölkerung und das Arbeitsleben geben werde. „Und dann sollen wir auf einmal sagen, das war alles nicht so gemeint? Nein!“

Auch wenn Geisel keine Namen nannte, es war eine volle Breitseite gegen die mitregierenden Grünen und Linken. Am Vortag hatte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, gegenüber der taz erklärt: „Wir müssen klarstellen, dass man natürlich auch mal 15 Minuten auf einer Parkbank sitzen darf.“ Auch die Verpflichtung, den Personalausweis immer dabeizuhaben, müsse abgeschafft werden. Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken, hatte bereits vor einer Woche angekündigt, dass Veränderungen der Verordnung geprüft werden müssten.

Grünen und Linken ging es dabei insbesondere um die Frage: Warum soll es nicht erlaubt sein, auf einer Bank ein Buch zu lesen, oder eine Picknickdecke auf die Wiese zu legen, wenn das mit genügend Abstand zu den Mitmenschen geschieht?

Nur milde Kritik

Seit einer Woche ist die Verordnung in Kraft, die unter anderem Ansammlungen von mehr als zwei Personen verbietet – ausgenommen im Fall von Familien oder von in einem Haushalt lebenden Personen. Gemessen an der Vorankündigung, fiel die Kritik von Grünen und Linken im Innenausschuss am Montag mild aus. Die Bewegungsfreiheit werde von der Polizei „überwiegend sehr eng ausgelegt“, befand Schrader. Dass man keine Decken in großem Abstand ausbreiten dürfe, so Schrader, „das kann man noch mal überprüfen, finde ich“.

Zumindest für ältere Menschen müsse der Aufenthalt auf einer Bank kurzfristig möglich sein, sagte Lux. Nach Bayern und Sachsen-Anhalt habe Berlin die schärfste Verordnung. Im gleichen Atemzug forderte er, dass die Polizei ihre Kontrollkapazitäten „noch weiter hochfährt“.

Fünf Einsatzhundertschaften, ein Hubschrauber und ein Lautsprecherwagen waren am Samstag nach Angaben von Polizeipräsidentin Barbara Slowik eingesetzt, um auf die Abstandsregelung hinzuweisen. Der Wochenmarkt am Boxhagener Platz habe wegen Überfüllung geschlossen werden müssen. Die für Samstag angemeldete Demonstrationen gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn sei zwar abgesagt worden. Am Kottbusser Tor habe es aber dezentrale Aktionen gegeben. Die Polizei sei angehalten gewesen, „konsequent“ gegen die Teilnehmer vorzugehen. „Wenn sich 250 Menschen trotz einer Pandemie versammeln, entzieht sich dass meinem Verständnis“, so Slowik. Mehrheitlich halte sich die linke Szene aber an die Verordnung.

Bei den stadtweiten Kontrollen seien Beamte bisweilen angehustet worden. Man habe Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung erstattet.

Geisel sagte, dass der Senat am Dienstag über einen Bußgeldkatalog für Verstöße gegen die Coronaregeln diskutiere. Dabei gehe es auch um die Frage des Vorsatzes. Das müsse man noch genauer regeln.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Lux und Schrader haben aber schon begriffen, dass sie nicht mehr Oppositionsparteien sind?

    Ich finde es ja immer wieder schade, dass Grüne und Linke bei der Regierungsbildung damit durchkamen, sich vor dem Innenressort zu drücken.

  • Da habe ich überhaupt kein Verständnis dafür, wenn man nicht mehr alleine auf einer Parkbank sitzen kann, um sich zu erholen. Das gab es weder in der DDR noch im Faschismus, das man dafür verfolgt wird, nur weil jede/r etwas Sonne braucht. Ich hoffe, das Linke und Grüne sich da durchsetzen oder Klagewege eröffnen. Jeder LKW, der noch ohne Abbiegeassistenten ist, gefährdet andere mehr. Mit jedem weiteren Tag werden diese Ausnahmeregelungen ohnehin verfassungswidriger, wenn jetzt keine Strategien vorgelegt werden von den Verantwortlichen, wie es zurück gehen soll in die Normalität. Es kann nicht ewig so weiter gehen, Corona wird bleiben, sagen die Mediziner. Man sich ausrechnen wie lange es dauert, bei täglich 4.000 Neuinfektionen, nämlich über 50 Jahre bis alle einmal infiziert wurden (ohne Impfstoff), und die Immunisierung soll nach jetzigem Stand nur ein bis zwei Jahre dauern (ohne Impfung). Vor allem sollten die Verantwortlichen jetzt die Alten- und Pflegeheime mit allen Mitteln schützen.