: Einblick (35)
Lise NellemannKünstlerin, Kuratorin/Organisation von „SparwasserHQ“
taz: Seit wann und warum leben Sie in Berlin?
Lise Nellemann: Ich kam 1992 nach Berlin. Ich lebe hier, weil mein Anspruch an eine internationale Kunstlandschaft hier zufrieden gestellt wird. In dieser Hinsicht wird Berlin nur besser, nicht wahr? Ich mag die nationale Szene nicht als Grundlage meiner Aktivitäten. In Berlin habe ich das Gefühl von Freiheit und Handlungsfähigkeit.
Wie wichtig ist der Standort Berlin für ihre Arbeit?
Ich könnte keinen besseren Standort finden. In Berlin gibt es gute Möglichkeiten für den Kunstproduzenten. Das hängt einerseits mit der Atmosphäre der Stadt zusammen und hat sicher auch eine ökonomische Seite. Es gibt eine ernsthafte Kunstöffentlichkeit in Berlin, die zwar nicht perfekt ist, aber viel besser als in Kopenhagen oder vielen anderen Städten, die ich kenne.
Woran arbeiten sie gerade?
Das Sparwasser-Projekt wird im März und April im Platform Garanti Contemporary Art Center in Istanbul gezeigt. Dafür gibt es noch einige Sachen vorzubereiten und schließlich vor Ort auszuprobieren. In letzter Zeit hat Sparwasser sich vordergründig mit dem Austausch innerhalb internationaler „communities“ beschäftigt, was wir auch in Istanbul demonstrieren werden. Die eingeladenen Künstler untersuchen Themen, die SparwasserHQ als Phänomen reflektieren, das heißt Themen wie (Selbst-)Organisation (von Künstlern), Modelle der (Selbst-) Repräsentation und wie sich durch solche organisatorischen Aktivitäten alternative „Ökonomien“ etablieren.
Was wundert sie in der Berliner Kunstlandschaft am meisten?
Dass Berlin so hip und angesagt ist, aber gleichzeitig so steif, was die Kunstinstitutionen, die Ausbildungs- als auch die Ausstellungsinstitutionen betrifft. Die Kunstuniversitäten könnten durch eine offenere, flexiblere Struktur das Potenzial der in Berlin lebenden und arbeitenden Künstler viel besser nutzen. Es wundert mich auch, dass die Institutionen nicht mehr Public Relations auf internationaler Ebene betreiben – die Zeit ist dafür gut.