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taz-Geschäftsführung zur Seitenwende Ein neues Stück Alltag beginnt

Die Seitenwende ist da. Warum wir diesen Weg gehen können, was nun zählt – und wo gefeiert wird. Ein Brief an die taz-Community.

Lenken die Seitenwende in sichere Gewässer: Andreas Marggraf (l.) und Aline Lüllmann (r.) Foto: Patrycia Lukaszewicz

Liebe Leser*innen,

schon oft haben Sie von uns den Satz gehört: Bald ist es so weit. Jetzt aber wirklich: Diese Woche endet ein Stück Alltag für Sie und für uns: Am 17. Oktober erscheint die letzte werktägliche Printausgabe unserer taz. Mit dem 20. Oktober, einem Montag, wird die taz werktäglich digital erscheinen, die wochentaz bleibt papiergedruckt und digital.

Wir sagen nicht nur nach außen, dass wir diesen Schritt selbstbewusst gehen – wir sind es auch. Diese „Seitenwende“ ist das Ergebnis jahrelanger akribischer Vorbereitung.

Sie ist nur möglich geworden, weil alle Bereiche der taz – Redaktion, Vertrieb, Technik, Service und Management – gemeinsam für sie gearbeitet haben. Jede Abteilung hat ihren Anteil geleistet. Gemeinsam haben wir diskutiert, entwickelt, ausprobiert und den Wandel gestaltet. Gemeinsam haben wir so die Zukunft der taz aktiv ins Werk gesetzt.

Das konnte und kann gelingen, weil die taz in der Medienlandschaft seit jeher eigene Wege geht. Während viele Verlage auf Paywalls setzen oder sich erheblich durch Anzeigen finanzieren, setzen wir auf Leser*innenfinanzierung, Transparenz und Teilhabe: Die taz-zahl-ich-Community, inzwischen über 45.000 Menschen stark, legt Zeugnis davon ab.

Der Wille, die taz zu erhalten

Und jetzt gehen wir mit der Einstellung der papiernen Werktagsausgabe voran, weil wir etwas Entscheidendes erhalten wollen: die Stimme der taz in einer unter Druck stehenden Medienlandschaft. Also das tägliche Zeitungsprodukt, unseren unabhängigen, linken Blick und die freie Zugänglichkeit von Inhalten auf taz.de.

Wir gehen unseren Weg, weil wir den Verlust der taz nicht ertragen und verantworten könnten – und weil wir große Veränderungen aus einer Position der wirtschaflichen Stärke heraus gestalten wollen.

Die politische Lage macht diesen Auftrag dringlicher denn je. Während Spitzenpolitiker Interviews in rechtsradikalen Portalen geben, ohne dass dies noch für Aufschreie sorgt, während Demokratien weltweit ins Wanken geraten, während autoritäre Kräfte ihre Erzählungen immer lauter verbreiten, brauchen wir Gegenstimmen.

Die taz war und ist eine solche Gegenstimme.

57% halten uns bereits die Treue

Wir berichten investigativ über Rechtsextreme, wir geben Au­to­r*in­nen aus dem Globalen Süden Raum und Stimme, wir analysieren die Verschiebungen in Gesellschaft und Politik – nicht als neutrale Kulisse, sondern aus Überzeugung, dass Öffentlichkeit beobachtend und fragend, auf alle Fälle kritisch sein muss.

Dass wir diesen Weg gehen können, liegt an Ihnen. 57 Prozent unserer bisherigen täglichen Print-Abonnent*innen haben sich bereits verpflichtet, auch nach der Seitenwende bei uns zu bleiben.

Seitenwende?

Was ist die Seitenwende und warum machen wir das? Unser Info-Portal liefert ihnen weitere Hintergründe, Einblicke und Ausblicke: taz.de/seitenwende

Diese Zusagen sind für uns nicht nur ökonomisch entscheidend. Sie sind schon jetzt ein starkes Zeichen dafür, dass die Idee einer solidarischen Zeitung trägt – gerade in einer Zeit, in der solidarisches Handeln keine Selbstverständlichkeit mehr ist.

Die kommenden ein bis zwei Jahre werden zeigen, wie gut sich neue Lesegewohnheiten verankern lassen. Wir wissen, dass dies kein Selbstläufer wird.

Wir wissen auch, dass es ohne Ihre Unterstützung nicht geht. Aber wir haben gelernt: Unsere Le­se­r*in­nen und Ge­nos­s*in­nen halten uns nicht nur die Treue, sie überraschen uns immer wieder positiv.

Wo gefeiert wird

Wir freuen uns nun auf eine besondere Festwoche: Am 16. Oktober treffen wir uns abends in unserem Haus an der Berliner Friedrichstraße 21 und feiern gemeinsam den Umbruch. Am 17. Oktober laden wir auf der Frankfurter Buchmesse zu einer Feier und Veranstaltung ein – an dem Ort, an dem 1978 die erste Nullnummer der taz verteilt wurde.

Anders gesagt: Die taz war nie nur ein Produkt, sondern ein Projekt: für kritische Öffentlichkeit, für journalistische Vielfalt, für Demokratie.

Damit das so weitergeht, braucht es Veränderungen. Wir danken Ihnen, dass Sie diesen Schritt mit uns gehen – manche auch vorsichtig.

Die taz bleibt, was sie ist: ein Projekt, dasgebraucht wird.

Ihre taz-Geschäftsführung

Aline Lüllmann und Andreas Marggraf