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Archiv-Artikel

Ein politischer Arbeitskampf

betr.: „Standesdünkel kommt vor dem Fall“, taz vom 8. 6. 06

Primär geht es bei dem jetzt noch andauernden Streik nicht mehr um die Bezahlung, sondern das Recht, durch eine selbst gewählte Organisation vertreten zu werden. Eine so große Gewerkschaft wie Ver.di kann kaum alle ihre Mitglieder in gleichem Rahmen vertreten, da sich die Ziele teils deutlich unterscheiden: In Fragen wie der wöchentlichen Arbeitszeit z. B.: Uns (den Ärzten) ist klar, dass universitäre Medizin sicherlich mehr als 38 Stunden benötigt, die Ver.di stets als höchstes Gut hochhält. Dass der Ver.di-Vertrag vor allem in Hinsicht auf das Volumen der Gehälter als Orientierung dient, ist sicherlich als Zugeständnis zur knappen Situation der öffentlichen Kassen zu verstehen. Dass die ostdeutschen Kollegen hier verhältnismäßig leer ausgehen (bei gleicher Arbeit und gleicher Belastung), scheint politisch gewollt. Des Weiteren stammen viele Anteile (teils buchstäblich und nachvollziehbar) aus der Feder des Marburger Bundes, wobei einige Teile sinnentfremdet und ohne entsprechend vorgesehene Absichtserklärungen verwendet wurden. So ist aus dem anfangs sicherlich stark tariflich geprägten Arbeitskampf mittlerweile ein politischer geworden, bei dem es um nichts anderes als dieselbige Vertretung der Ärzteschaft geht.

Was die Fallpauschalen betrifft: Wer gute Medizin will (und das scheinen die Bundesbürger zu wollen), muss auch entsprechende Mengen an Geld hierfür investieren. Der Wahlspruch des Ärztestreiks war stets „Für uns und nicht gegen andere“. Das Gesundheitswesen bedarf dringender Reformen und sicherlich auch Umverteilungen, die aber nicht von der Pflege oder anderen Mitarbeitern ausgehen können (wohl aber aus den Glaspalästen der Krankenkassen). Ich kann mir meine tägliche Arbeit nicht ohne qualifizierte Pflege vorstellen. RAINER BECK, Freiburg