Das Portrait: Ein neuer Mann aus der Mitte
■ Norbert Spinrath
Knapp zwölf Jahre führte Hermann Lutz die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Mit Lutz war erstmals ein CDU- Mann Bundesvorsitzender der GdP geworden. Nach anfangs überraschender Fortschrittlichkeit wurde der Kurs unter seiner Führung kontinuierlich konservativer. Aus Altersgründen ist Lutz nun ausgeschieden. Mit der Wahl seines bisherigen Stellvertreters, Norbert Spinrath, führt jetzt wieder ein Sozialdemokrat die mit rund 196.000 Mitgliedern größte deutsche Polizeigewerkschaft.
Einen politischen Richtungswechsel wollen darin jedoch weder die GdP noch ihr neuer Vorsitzender sehen. Also nur ein Generationswechsel? Es scheint so, denn Spinrath – der sich selbst in der Mitte verortet – wird ansonsten eher dem rechten SPD-Flügel zugerechnet.
Um so überraschender ist die Erklärung für sein gewerkschaftliches Engagement. Als Siebzehnjähriger begann Norbert Spinrath 1974 seine Polizeiausbildung und trat noch im gleichen Jahr in die GdP ein. Die Polizei, so wie sie damals war, konnte „ich nicht ertragen. Entweder mußte ich sie zu verändern versuchen – oder gehen“, nennt Spinrath als Motiv dafür, sich ab September 1978 auch aktiv zu betätigen.
Seit 1986 Mitglied im GdP-Landesvorstand in Nordrhein-Westfalen, zuletzt als stellvertretender Vorsitzender, wandte sich der 41jährige Polizeihauptkommissar 1994 der Arbeit im Bundesvorstand zu. Jetzt ist er ganz oben.
Wie könnte die Politik der GdP weitergehen, wenn der bisherige Kurs gehalten werden soll? Zum Beispiel unter einer rot-grünen Bundesregierung? Ein Innenminister Otto Schily wäre ihm „lieber als Kanther“, sagt Spinrath, denn der sei für polizeiliche Probleme wohl „aufgeschlossener“. Und die rot-grünen Erfahrungen aus Nordrhein- Westfalen seien „gar nicht so schlecht“.
Die Verhinderung eines Polizeibeauftragten als unabhängige Kontrollinstanz, die maßgeblich ihm zugeschrieben wird, kann er damit nicht gemeint haben – oder doch? Mit konkreten Aussagen hält sich Spinrath zurück. „Wir werden uns progressiver zeigen müssen, weil die Zeit es erfordert.“ Er habe da zwar einige Vorstellungen, doch die möchte er derzeit nicht gedruckt sehen.
Wer also ist Norbert Spinrath: ein progressiver Polizeigewerkschaftler oder eher ein Apparatschik? Otto Diederichs
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