: Ein anderer Kongress ist möglich!
In der Universität der Künste fand am Wochenende die „Kulturkonferenz Gegenöffentlichkeit!“ statt – in eher kleinem Kreis. Die Veranstaltung war gut gemeint, erreichte aber nur die Altbekannten. Und junge Leute waren kaum zu sehen
Von großer Öffentlichkeit konnte nicht so recht die Rede sein. Aber das war nicht schlimm. Es ging ja um „Gegenöffentlichkeit“ auf der Kulturkonferenz in der Universität der Künste (UdK), veranstaltet von einem breiten Trägerkreis linker Initiativen. Wie groß diese Gegenöffentlichkeit sein kann, um nicht mit der Öffentlichkeit verwechselt zu werden, das war eine der Raffinessen in der Auseinandersetzung am Wochenende. Und gegen welche Öffentlichkeit es eigentlich ging, das zu beantworten fiel SPD-Bundesvorstandsmitglied Hermann Scheer, der sich dann mit der „etablierten Öffentlichkeit“ behalf, schwer. Nicht alle am Einsteinufer wussten, für wie etabliert sie nicht auch den Mitregierenden dort auf dem Podium halten sollten.
Noch auf dem Heimweg erregte sich ein älterer Herr: „Schrecklich gelitten habe ich! Da werden auf einem Kongress zur Gegenöffentlichkeit öffentlich etablierte Leute im Talkshowformat präsentiert.“ Und das war sie, die Diskussion darüber, in welcher Kultur es denn heute zu leben und zu kommunizieren lohnt. Nur: Geführt wurde sie eher im kleinen Kreis. Da lockten zwar Namen wie Hermann Scheer, wie Konstantin Wecker oder – gehört und gestaunt – Musiklegende Pete Seeger, der per Telefon aus Amerika zugeschaltet wurde, einige interessierte KongressteilnehmerInnen selbiger Generationen in die UdK, junge Leute hingegen waren nur wenige zu sehen.
Vielleicht hatte das zu tun mit den Antworten, die auf der Konferenz erwartbar waren, wenn Konstantin Wecker und der Exparteivize der PDS und „Tausendmal berührt“-Textschreiber Dieter Dehm berieten, „wie eine Unterhaltung von heute die ästhetische Frage aufgreifen kann, in althergebrachten Lied- und Lyrikformen über Kapital- und Börsenbewegungen zu singen“. Eine dieser Antworten hatte Dehm mit in Falten gelegter Stirn sicher parat: „Wahrscheinlich ist ein Rückkommen auf den Zwölf-Ton-Schüler Eisler unumgänglich.“
Unumgänglich dann auch die Feststellung, dass es für eine breite Gegenöffentlichkeit nicht reicht, jeden der Workshops in der Sprache der Zeit anzubieten, in der es da wieder hieß: „Eine andere Kultur ist möglich“, „Andere Medien sind möglich“, „Eine andere Unterhaltung ist möglich“, „Anderes Wissen ist möglich“ oder „Ein anderer Marxismus ist möglich“, was Hoffnung schaffen mag, aber schon treffender auf den Punkt gebracht wurde. Mit: „Nichts ist unmöglich.“ MARTIN KAUL