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INTERVIEW»Ein Wechsel gehört zum Geschäft«

■ Ein Vorschlag des Staatssekretärs Wolfgang Branoner zu den bevorstehenden Behördenumzügen

Wolfgang Branoner (CDU), Staatssekretär der Stadtentwicklungsverwaltung, ist im Senat zuständig für die Koordinierung der Hauptstadtplanung.

taz: Zahlreiche Behörden mit Tausenden von Mitarbeitern müssen in den nächsten Jahren aus Bonn oder Berlin wegziehen. Wie könnte man die damit verbundenen Probleme minimieren, ohne den Hauptstadtausbau zu behindern?

Branoner: In vielen Fällen bräuchten nur die betreffenden Institutionen umzuziehen, nicht aber alle Mitarbeiter. In der Verwaltung ist es gut möglich, daß Mitarbeiter die Behörde wechseln und so in der Stadt bleiben, in der sie wohnen. Nach meiner Einschätzung könnten dann mindestens 5.000, wenn nicht sogar 6.000 von den 16.000 Bonnern, die potentiell vom Umzug betroffen wären, dort bleiben. Eine ähnliche Größenordnung sehe ich auch für die 12.000 umzugsbetroffenen Berliner Behördenmitarbeiter, zum Beispiel im Bundesumweltamt.

Aber die Leute, die in den Verwaltungen arbeiten, sind doch für bestimmte Aufgaben ausgebildet, die können doch nicht einfach zu einem anderen Amt wechseln?

Aber ja. In diesen großen Verwaltungsapparaten gibt es nicht nur Spezialisten, sondern auch viele Leute, die »normale« Arbeit machen. Zum Beispiel die ganze innere Verwaltung, also alle Mitarbeiter in den Personalabteilungen. Ob die eine Personalakte im Außenministerium oder im Bundesgesundheitsamt oder in der Senatsumweltverwaltung bearbeiten, ist das gleiche. Ähnliches gilt auch für die Juristen.

Aber gerade die Juristen sind doch fachlich spezialisiert.

Das stimmt natürlich, aber andererseits ist es vor allem für jüngere Juristen, die Karriere machen wollen, sinnvoll, ihr Spektrum zu erweitern. Die müßten deshalb sogar Interesse an einem Arbeitsplatzwechsel haben. Und bei den Sicherheitskräften, den Schreibkräften, den Fahrern oder den Pförtnern ist es ebenfalls egal, ob sie in Bonn im Verteidigungsministerium oder beispielsweise bei der UNO angestellt sind.

Es bleiben aber immer noch genug Spezialisten in den Behörden übrig, die bei ihren Aufgaben unabkömmlich sind.

Selbst solche Leute können beispielsweise ebensogut im Bundeswirtschaftsministerium wie in einer entsprechenden EG-Kommission arbeiten. Oder ein Finanzfachmann kann genauso im Bundesfinanzministerium wie in der Bundesversicherungsanstalt angestellt sein. Im öffentlichen Dienst ist man heutzutage omnipotent ausgebildet. Die Leute müssen nur rechtzeitig wissen, was auf sie zukommt und wo sie sich bewerben können.

Glauben Sie, daß das in der Verwaltung auf Akzeptanz stößt?

Nun, in Deutschland sind die Leute das nicht so gewöhnt wie in Amerika, wo man alle fünf bis sieben Jahre den Job wechselt. Aber ein Wechsel gehört zum Geschäft, sonst wird es monoton. Ich habe mein Betätigungsfeld auch alle paar Jahre verändert. Und auch in Bonn ist es üblich, daß Abteilungsleiter das Ministerium wechseln, um vorwärtszukommen.

Einzuwenden bleibt, daß nicht einfach Abteilungsleiter von Berlin nach Bonn getauscht werden können, weil Bonner Ministerialbeamte besser bezahlt werden als Berliner mit der gleichen Funktion.

Ja, das ist ein enormes Problem, das müssen wir lösen. Ein Referatsleiter in einem Ministerium verdient mehr als ein Abteilungsleiter einer Berliner Behörde, der ja an sich höherrangig ist. Es wird deshalb ohnehin eine erhebliche Abwanderung aus der Berliner Verwaltung geben. Interview: Eva Schweitzer

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