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Ein Voyeur des...Todes

■ Neu im Kino: „Das Auge“ von Stephan Elliott

Keine Regel ohne Ausnahme! Als Kinogänger ist man fast immer gut beraten, wenn man Remakes einfach ignoriert. Meist werden sie aus rein kommerziellen Gründen produziert, und wann ist schon mal eine Kopie besser als das Original? Marc Behms Roman „Das Auge“ wurde schon 1982 in Frankreich von Claude Miller mit Michel Serrault und Isabella Adjani sehr schön verfilmt – warum also jetzt noch eine kanadische Auflage von einem australischen Regisseur?

Zum Beispiel, weil Stephan Elliott ein sehr barocker Filmemacher ist. In „Pricilla, Königin der Wüste“ ließ er Drag-Queens als buntschillernde Paradiesvögel durch die australische Einöde schweben, und auch hier gibt er den Konventionen des Psychothrillers einen verblüffend surrealen Dreh. Ob Realität, Traum oder Wahnbild – da macht er keinen Unterschied. Der Plot ist so gefüllt mit Schicksalsfügungen, unwahrscheinlichen Zufällen und theatralischen Knalleffekten, dass Hitch-cocks so verhasste Wahrscheinlichkeit schön kuscht und nicht einmal wagt, „ihr grauenhaftes Haupt zu erheben.“ Kino zeigt Traumbilder, also folgen wir konsequent der Traumlogik – scheint Elliotts Credo zu sein.

Der Geheimagent „Das Auge“ ist ein mit allen Mitteln der Technik arbeitender Voyeur. Kein Gespräch, keine Ansicht bleibt vor ihm verborgen – er kann hören und sehen, was er nur will. So stößt er eher zufällig auf eine schöne Frau, die bei der erstbesten Gelegenheit vor seiner laufenden Mikrokamera einen Mann ersticht. Er verfolgt sie, verrät sie aber nicht, und weiß selber lange nicht, warum er so von ihr angezogen wird. Bald merkt er, dass sie eine Verwandlungskünstlerin und Serienmörderin ist, und während er sie durch ganz Amerika verfolgt, wird er dabei immer besessener von ihr und verwandelt sich langsam zu ihrem unsichtbaren Schutzengel. Langsam stellt sich heraus, dass sich die Traumata und Schuldkomplexe der beiden ideal decken: Sie wurde von ihrem Vater verlassen, er verlor seine kleine Tochter. Die beiden sind wie geschaffen füreinander und berühren einander gerade zweimal im ganzen Film.

Elliott ist einer von den Filmemachern, die (wie auch unser Tom Tykwer) immer ein paar gute Ideen zu viel in ihre Filme packen. „Das Auge“ drückt uns ständig neue Kameratricks, Perspektivverschiebungen, Traumbilder und smarte Schnittfolgen aufs „Auge“, und wenn die Geschichte dann doch nicht unter all diesen Virtuositäten untergeht, ist das auch Linie Ashley Judd (“Heat“) und Ewan McGregor (“Trainspotting“) zu verdanken. „Das Auge“ kann also durchaus neben der Adaption von Miller bestehen. Wilfried Hippen

Freitag- und Samstagnacht im Cinema

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