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Ein Tourist ohne Erlaubnis

Auf der Jagd nach illegalen Arbeitern schnappte sich die Polizei auf der „Europa-Party“ einen Israeli, der in Deutschland Urlaub macht und zu einem Kurzbesuch in Berlin war

Engagiert präsentiert sich die Polizei beim Ausspähen von illegal Beschäftigten gern. So auch am vergangenen Wochenende bei der „Europa-Party“ auf dem Ku’damm. Schon beim Aufbau am Freitag kontrollierten Beamte des Landeskriminalamtes und wurden an einem Stand mit Sonnenbrillen vermeintlich fündig. Zwei Zivilfahnder trafen dort auf einen Mann mit südländischem Aussehen, der kaum deutsch spricht und, so die Einschätzung der Beamten, auch noch abhauen wollte. In Handschellen führten sie den 41-Jährigen ab. Er wurde erkennungsdienstlich behandelt, sein Pass einbehalten.

So schnell können Berlin-Touristen zu Kleinkriminellen werden. Der 41-jährige Amram O. ist Israeli und besucht derzeit seine Geschwister in Deutschland mit einem dreimonatigen Touristenvisum. Eigentlich sollte sein Kurztrip nach Berlin nur zwei Tage dauern. Jetzt muss er mindestens bis morgen hier bleiben. Dann, so wurde ihm mitgeteilt, könne er seinen Pass auf der Ausländerbehörde abholen. Dort wird auch darüber entschieden, so ein Polizeisprecher, ob ein Verfahren eingeleitet wird, weil er gegen das Ausländergesetz verstoßen habe. Die beiden Zivilbeamten hätten ihn beim Arbeiten beobachtet. Das sei ohne Arbeitslaubnis illegal.

Doch Amram O. hat nicht gearbeitet: Er habe nur der Freundin seines Bruders geholfen und den Verkaufsstand von Frankfurt nach Berlin gefahren. Hier angekommen, habe er noch beim Aufbau geholfen – alles ohne Bezahlung, wie er betont. Das ist selbst Touristen erlaubt.

Kurz nachdem der Stand stand, hätten die Fahnder nach einer Verkaufsgenehmigung gefragt, berichtet die Verkäuferin. Als Amram O. die Unterlagen aus dem abseits geparkten Wagen geholt hatte, waren die Beamten wieder verschwunden.

Bei einer zweiten Kontrolle wenig später überprüften sie auch den Pass des 41-Jährigen und forderten ihn auf, mit zur Wache zu kommen. Aus welchem Grund, habe man ihm nicht erklärt, zumindest nicht auf Englisch, erinnert er sich. Nur, dass die beiden Beamten „sehr wütend“ waren, das habe er bemerkt. Als der Israeli in den hinteren Teil des Standes ging, um, wie er sagt, sein Handy einzupacken, fassten die beiden Beamten dies als Fluchtversuch auf und legten ihm Handschellen an. „Wie ein Krimineller habe ich mich gefühlt, als ich vor allen Leuten abgeführt wurde“, sagt Amram O. heute, noch immer verwirrt. BERT SCHULZ

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