: Ein Rad ist Einrad
800 Teilnehmer treffen sich zu den 10. World Unicycling Championships in Peking. Hockey-Titelverteidiger Bochumer EHC hängt bei allem Ehrgeiz am ursprünglichen Gedanken: Spass haben!
aus Bochum ULRIKE BOHNSACK
Einradfahrer können laufen. Tatsächlich. Das mutet merkwürdig an, scheint es doch, dass sie all das, was andere Sportler auf zwei Beinen machen, einradelnd erledigen. Es reicht ihnen nicht, ihre „gesattelten Reifen“ in Fahrt zu bringen, Pirouetten zu drehen, Gegenstände zu jonglieren oder Hindernisparcours zu absolvieren. Auch die Leichtathletik haben sie mit ihrem halben Velo neu diszipliniert: Sprint, Mittelstrecke vor- und rückwärts, Marathon, Hochsprung, Weitsprung. Aber der Einradfahrer hat nun mal ein Rad ab, und so spielt er auch Basketball oder versucht, auf einem Handballfeld mit Hockeyschlägern einen ausgelatschten Tennisball in zwei Eishockeytore zu dreschen. Dieses Fünf-gegen-Fünf-Spiel, bei dem Bodychecks tabu sind, fliegende Wechsel dagegen erlaubt, nennen sie Einradhockey.
Während mal Japan oder die USA behaupten, Mutterland des Einradhockeys zu sein, wird einzig hier zu Lande in einer regulären Liga gespielt. 26 Teams jagen in der EDEL, der vor fünf Jahren gegründeten Ersten Deutschen Einradhockeyliga, der Kugel hinterher. Alle zwei Jahre, wenn der Weltverband, die International Unicycling Federation (IUF), die Sportler zu den „World Unicycling Championships and Convention“ bittet, geht es auch um weltmeisterliche Hockeyehren.
Vom 1. bis 8. August ist Chinas Hauptstadt nun Austragungsort der zehnten Einradspiele. Zwar ist die WM streng genommen kein Wettkampf der Nationen, aber mit 800 Teilnehmern aus zwölf Ländern, darunter 150 deutsche Einradler, haben sich die Meldungen für die verschiedenen Disziplinen mehr als verdoppelt. 350 waren es vor zwei Jahren in Bottrop. Quasi vor der Haustür verteidigte der Bochumer Einradhockeyclub (EHC) hier seinen WM-Titel von 96 gegen den Ligakonkurrenten Lahimo aus Langenfeld. In Peking peilen die acht BochumerInnen nun den Hattrick an „mit derselben Mannschaft“. Ein Plus aus Sicht von Abwehrspieler Holger Summer (28), „wir sind spielerisch gereift“. Und zwei Jahre älter. Ein Vorteil vor allem für den Jüngsten, denn der ist mit 11 Jahren jetzt schon ein Teenie. Wie die halbe Mannschaft übrigens.
Noch ist Einradhockey ein Spiel ohne Grenzen, ohne Alters- oder Geschlechtertrennung. Noch wird die Matchdauer (meist 2 x 20 Minuten) schon mal variabel gehandhabt. Noch gestattet die IUF, froh um jeden einzelnen Einradler in Peking, die spontane Meldung für Disziplinen oder für teamlose Hockeyspieler, sich spontan zusammenzutun.
Bochum gegen den „Rest der Welt“ könnte eine Neuauflage erfahren. Denn noch besteht die Qualifikation aus nur einem Kriterium: Wer es sich leisten kann, nimmt teil. Selbst der Weltmeister muss die Reisekosten selbst bestreiten. Aber die ersten Ausnahmen weisen bereits den Weg hin zum leistungsorientierten Sport. „Ausrichter China hat erstmals Ausscheidungsturniere veranstaltet“, weiß Holger Summer. Auch von den USA wird Ähnliches gemunkelt. Nur: ein Weltmeister, der seit Jahren ohne Trainer auskommt und bei dem die Mannschaft sogar von der Mannschaft aufgestellt wird, für den bleibt ein Rad Einrad. Auch wenn er eines ab hat. Übrigens: Einrad-Sumo wird bei dieser WM auch praktiziert.
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