Ein Plädoyer: Dealer aufs Tempelhofer Feld!
Der Görlitzer Park wird ab April zur drogenfreien Zone. Dann müssen die Käufer und Verkäufer von Drogen woanders hin. Am besten an einen dafür passenden Ort
Ab April soll der Görlitzer Park zur drogenfreien Zone werden: Wer auch nur mit einem kleinen Krümel Cannabis im Park erwischt wird, muss mit einem Strafverfahren rechnen. Das kündigten Innensenator Frank Henkel und Justizsenator Thomas Heilmann (beide CDU) im Januar an. Derzeit arbeiten sie an der dafür notwendigen Änderung der entsprechenden Verordnung (siehe unten).
Durch diese unterschiedliche Bestrafung je nach Ort der Tat gesteht die Politik ein, dass bisher offiziell verfolgte Drogenpolitik gescheitert ist. Sie gesteht ein, dass sie selbst nicht mehr daran glaubt, man könne Drogenhandel und -besitz durch Verbote vollständig beenden. Andernfalls müsste sie die absolute Drogenverbotszone auf ganz Berlin ausdehnen. Aber das will nicht einmal Innensenator Henkel. Damit ist klar: Der Staat kämpft beim Drogenhandel nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wo.
Auch am Görlitzer Park wurden die Dealer lange geduldet. Jeder konnte sehen, dass dort Drogen verkauft wurde. Die Polizei hat sich darum nicht gekümmert, so lange die Dealer nicht gestört haben. Doch mit der Zeit gab es immer mehr Dealer, und sie wurden immer rücksichtsloser. An den Eingängen zum Park standen sie Spalier und sprachen jeden an, der herein oder heraus wollte. Dadurch stieg der Unmut stieg unter den Anwohnern, die kein Cannabis im Park kaufen und sich von dem Angebot belästigt fühlen.
Doch der offene Drogenhandel wurde trotzdem weiter von Politik und Polizei toleriert. Das harte Durchgreifen kam erst, als die Auseinandersetzungen im November gewalttätig wurden. Ein Kneipenwirt, der sich von den Dealern gestört fühlte und über Wochen hinweg 70 mal vergeblich die Polizei anrief, griff einen Dealer mit dem Messer an. Am nächsten Tag kam die Rache der Dealer: Morgens drangen zehn Randalierer in die Bar ein und zerlegten die Einrichtung. Mittags kamen sie nochmal und legten Feuer.
Erst danach war der Druck der Öffentlichkeit so groß, dass die Entscheidung fiel, die Dealer zu vertreiben. Die Polizei hat ihre Präsenz stark erhöht. Das Gestrüpp wurde zurückgeschnitten, damit sich niemand verstecken kann. Und jetzt folgt die Null-Gramm-Verordnung.
Bekanntes Muster
Ähnlich lief es zuvor schon mit der Drogenszene ab, die es in den 70ern am Bahnhof Zoo und rund um die Gedächntniskirche gab. Oder mit den Dealern im Weinbergspark vor zehn Jahren: Wenn der Ärger zu groß wird, werden die Dealer wegvertrieben.
Das Problem: Die Dealer wurden nie irgendwo hinvertrieben. Es ist allen klar, dass sie sich nicht in Luft auflösen werden, sondern ihre Geschäfte an einem anderen Ort fortsetzen. Einem Ort, an dem sie für die nächsten Jahre zunächst toleriert werden.
Wer sucht den Ort aus?
Die Frage ist nun: Wer sucht diesen Ort aus? Bisher wird das den Dealern überlassen. Und so will es auch Innensenator Henkel im April wieder machen: Für den Görlitzer Park wird die Null-Gramm-Grenze eingeführt, für alle anderen Parks nicht. Die Dealer haben also die freie Wahl, wo sie weitermachen.
Am besten wäre ein Ort, der gut mit dem ÖPNV zu erreichbar ist, der nicht direkt an einer Schule liegt, an dem genug Platz ist und an dem alle Menschen, die keine Dealer sehen wollen, diesen aus dem Weg gehen können. Auf dem Tempelhofer Feld zum Beispiel könnten die Dealer einen halben Hektar bekommen.
Diesen neuen Ort könnte die Politik festlegen. Wenn die sich verweigert, könnten zivilgesellschaftliche Gruppen ihn gemeinsam mit Dealern, Kiffern und Anwohnern suchen. Die Dealer haben nach den Repressionserfahrungen der letzten Wochen im Görli ein Interesse daran, einen Ort zu finden, an dem sie akzeptiert werden. Alles, was der Innensenator machen müsste: Für diesen Ort keine Null-Gramm-Grenze auszurufen.
Dass es so kommt, klingt trotzdem erstmal unrealistisch. Dabei wäre es viel vernünftiger als das, was die reale Alternative ist, wenn das Drogenverbot im Görlitzer Park im April in Kraft tritt: Dass die Dealer sich ihren neuen Standort selbst auswählen und die Interessen der Allgemeinheit dabei unberücksichtigt bleiben.
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