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Ein Jahr nach den KommunalwahlenSachsen-AfD schleicht sich hoch

Das Kulturbüro Sachsen beleuchtet neue kommunale Mitte-Rechts-Allianzen: die Arbeit von Initiativen und Vereinen gegen Rassismus wird erschwert.

Fahne vorm Kopf – Die sächsische AfD treibt mittlerweile vor allem auf kommunaler Ebene ihr Unwesen Foto: dpa/Robert Michael

Dresden taz | Alarmierende Entwicklungen vollziehen sich oft im Schatten der medial meistbeachteten Großereignisse. So könnte eine Zusammenfassung des sechsten Jahresberichts „Sachsen rechts unten“ des Kulturbüros Sachsen lauten. Das seit vielen Jahren in der Stärkung der Zivilgesellschaft und bei der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus engagierte Büro weist in der am 8. Mai erschienenen Broschüre auf die Folgen der Kommunalwahlen 2019 hin.

Sie fanden am 26. Mai 2019 zeitgleich mit den Europawahlen statt und standen außerdem im Schatten der drei ostdeutschen Landtagswahlen des Vorjahres. Die AfD aber wurde vor allem in Kommunalparlamenten Ostsachsens stärkste Kraft, holte in ganz Sachsen fast ein Viertel der Kreistagsmandate. Zusammen mit den Freien Wählern und rechtsextremen Wählergruppen kann sie vielerorts traditionelle Mehrheiten kippen.

Die sogenannte „Alternative für Deutschland“ wurde von ihrem Wahlerfolg selbst überrascht und konnte ein Fünftel ihrer Mandate in Stadt- und Gemeinderäten nicht einmal besetzen. Dieser Erfolg der in Sachsen besonders „Flügel“-orientieren AfD marginalisiert einerseits rechtsextreme Randparteien wie die NPD. Auf der anderen Seite stehen neue Allianzen auch mit der CDU, die auf kommunaler Ebene eine Zusammenarbeit nicht so ausschließt wie auf Landesebene. Das erschwere die Arbeit von Initiativen und Vereinen weiter, die sich gegen Rassismus und Rechtspopulismus wenden, konstatieren die Autoren des Kulturbüros und vor allem Fachreferent Michael Nattke.

Vor exemplarischen Einzelbeiträgen fasst ein Beitrag Fälle zusammen, wo in der Jugendhilfe, der Soziokultur und der freien Kulturszene Förderung durch die Macht der AfD und ihrer Vasallen in Gefahr gerät. Eine Austrocknung dieser ihr missliebigen Milieus hatte die Landtagsfraktion schon vor den Wahlen zum Ziel erklärt. Als Beispiele werden Mittelkürzungen im Dresdner Stadtrat, das „Dorf der Jugend“ in Grimma oder das „Treibhaus“ in Döbeln genannt. Es bleibe abzuwarten, wann im Gegenzug neue kommunale Mehrheiten damit begännen, gezielt rechte Vereine zu fördern, heißt es sorgenvoll in der Jahrespublikation.

Rechtes Mobbing in Arnsdorf

Im ersten detaillierten Beitrag aus Radebeul wird einerseits die Passivität der AfD aufgrund ihrer Unerfahrenheit, aber auch die schleichende Annäherung an bürgerliche Kreise geschildert. Die CDU kenne keine Berührungsängste mehr. Ähnliche Vorgänge werden aus dem Chemnitzer Jugendhilfeausschuss berichtet. Der Rechtsruck in der Zusammensetzung des Stadtrates führte dazu, dass die Vertretung der freien Träger der Jugendhilfe einseitiger geworden ist. Andererseits gelang es der AfD und der rechtsextremen Initiative „Pro Chemnitz“ nicht, die Förderung des „Alternativen Jugendzentrums“ zu kippen, das auf der Hauptabschussliste der Landes-AfD steht.

Als „Präzendenzfall“ werden Vorgänge im mittelsächsischen Döbeln geschildert. Unter dem Vorwurf von Linksextremismus und Gewaltverherrlichung versucht die AfD, dem „Treibhaus“-Verein das Wasser abzugraben. Im Stadtrat erzielte sie nur einen Teilerfolg, aber bei den CDU Landräten im Konvent des Kulturraumes eine größere Wirkung. Letztlich blieb aber ein Schulterschluss von CDU und AfD aus. Als exemplarisch werten die Autoren die von rechten Ideologen angestrebte Bindung von Fördermitteln an strikte politische Neutralität.

Alarmierender Schritt zur Machteroberung

Parallelen zu Thüringer Verhältnissen zieht ein Beitrag über Südwestsachsen. Der Plauener Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer ließ sich quasi auf der Liste der AfD in den regionalen Planungsverband des Vogtlandkreises wählen. Während die Vorgänge um die Bürgermeisterwahl in Gohrisch in der Sächsischen Schweiz noch kuriose Züge tragen, muss man die Resignation der Arnsdorfer Bürgermeisterin Martina Angermann nach rechtem Mobbing sehr ernst nehmen. Ausgangspunkt waren die Schikanen einer Bürgerwehr gegen einen im Supermarkt auffällig geworden Flüchtling 2016, in deren Folge die aufrechte Bürgermeisterin ins Burn Out getrieben wurde.

Hinter diesen Geschichten steht die wiederholt zitierte Äußerung des CDU-Kandidaten für den Parteivorsitz Friedrich Merz, man könne kommunal mit der AfD doch über Zebrastreifen entscheiden. Das Kulturbüro wertet diese schleichende Mitte-Rechts-Akzeptanz in Sachsens Kommunen als alarmierenden Schritt zur Machteroberung der AfD von unten.

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4 Kommentare

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  • Ja Chemnitz ist eine der "ältesten" Städte Deutschlands mit einer deutlichen konservativen Mehrheit. Oder bös überspitzt ausgedrückt: ein reaktionäres Rentnerdorf voller Frustrierter



    Große Teile der einst ganz ansehnlichen linken Jugendszene haben sich nach Leipzig oder sonstwohin verkrümelt.

    Und dennoch wurde unsere linkslastige SPD-Oberbürgermeisterin immer wiedergewählt. Leider tritt Frau Ludwig nicht wieder an, das dürfte wohl auch mit der Zusammensetzung des aktuellen Stadtrats zusammenhängen. Aber wann die Wahl stattfinden wird, weiss man derzeit nicht, eigentlich wäre sie noch diesen Monat gewesen.

    Ich will garnicht daran denken, wer wohl die/der neue OB wird. Es könnte der nächste Chemnitz-Skandal werden.

  • Kann jar nich soviel essen, wie ich kotzen möchte!

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @Stephan Günther:

      Die AfD macht genau das, wofür sie gewählt worden ist. Das Erschreckende an der ganzen Chose ist: da stehen doch Wähler, Bürger, Leute dahinter Und im Osten nicht wenige.



      Ist der Merz eigentlich gesund und wieder im Geschäft?



      Mit dem würde das ganze noch ordentlich Schwung bekommen.