Ein Jahr nach dem 11. September (Teil 5): Verfassungsschutz hat neue Aufgaben
„Horch und Guck“ stellt ein
New York ist nicht weit – die Anschläge vom 11. September haben auch die Köpfe beim Bremer Landesamt für Verfassungsschutz verändert.
Für den Leiter des Bremer Verfassungsschutzes, Walter Wilhelm, brachte der 11. September 2001 die Wende: Von 90 Stellen auf 35 war sein Dienst in den Jahren davor heruntergefahren worden. Nach dem 11. September gab es einen Doppelbeschluss: Erstens wird der Verfassungsschutz von der normalen „Personal-Einsparungs-Quote“ ausgenommen. Zweitens sollte es 13 Stellen „mehr“ geben. Bis heute sind diese Stellen nur zum Teil besetzt, räumt Wilhelm ein – erst dauerte es Monate, bis die Stellen wirklich freigegeben wurden, es gab Verhandlungen über die Besoldungsstruktur. Dann dauert die besondere Sicherheitsüberprüfung der Kandidaten Zeit.
Abgebaut wurde der Bremer Verfassungsschutz, als das Feindbild „Kommunismus“ mit der Mauer verschwunden war. Nun sollen die neuen Kräfte hauptsächlich im Bereich „Islamismus/Terrorismus“ eingesetzt werden. „Araber“ hat der VS aber nicht angeworben: „Observation ist eine optische Sache“, sagt Wilhelm. Wenn es darum geht, in Gruppen hinein zu kommen, dann arbeitet der VS mit V-Männern, also Zuträgern aus der jeweiligen Szene – nicht mit Hauptamtlichen. Und wenn Telefongespräche abgehört werden, dann muss er Übersetzer anheuern.
Gibt es, zum Beispiel, Erkenntnisse über das Umfeld des 20-jährigen Bremers Murat Kurnazo, der im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba einsitzt? Wilhelm winkt ab. Solche „Einzelfälle“ seien nicht die Zuständigkeit des Bremer Amtes. Da der Bremer Verfassungsschutz von der Verhaftung überrascht wurde, konnte im Nachhinein auch nichts in Erfahrung gebracht werden – von einem konkreten terroristischen Umfeld wissen die Bremer Verfassungsschützer nichts. Wenn der VS „beobachtet“, dann geht es mehr um das Vorfeld von „Glaubensverhärtungen“ und „Amerikafeindlichkeit“, sagt Wilhelm. K.W.
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