: Ein Hunderter wird zum Heiermann
■ Nach der Pleite kommt das Insolvenzverfahren. Die Gläubiger erhalten normalerweise drei bis fünf Prozent ihrer Forderungen
Ein Insolvenzverfahren wird dann eingeleitet, wenn ein Unternehmen oder ein Privatmann überschuldet oder zahlungsunfähig ist. Ziel des Verfahrens ist es, unter Aufsicht eines Gerichts das verbliebene Vermögen gleichmäßig unter den Gläubigern aufzuteilen.
Dazu werden Geld, Material, Grundstücke und Maschinen in die so genannte Insolvenzmasse aufgenommen und anschließend verwertet. Ansprüche können alle geltend machen, die noch Geld zu vom Pleitier bekommen haben: Die Forderung der Großbank steht gleichberechtigt neben dem Anspruch des Arbeiters auf Zahlung seines Lohns.
Der Antrag auf Eröffnung eines solchen Insolvenzverfahrens kann sowohl vom Schuldner selbst als auch von einem Gläubiger gestellt werden. Bevor ein solches Verfahren aber eröffnet wird, prüft das örtlich zuständige Amtsgericht, ob überhaupt genügend Geld zur Deckung der Kosten vorhanden ist – beispielsweise für die Gerichtsgebühren und die Vergütung des Insolvenzverwalters. In der Praxis werden 75 Prozent aller Eröffnungsanträge abgewiesen, weil selbst das dafür nötige Geld fehlt. In diesem Fall gibt es kein Insolvenzverfahren, und die Gläubiger müssen auf eigene Faust versuchen, an ihr Geld zu kommen.
Wird ein Verfahren eröffnet, bestellt das Gericht einen Insolvenzverwalter. Dabei soll es sich laut Insolvenzordnung um eine „geeignete, geschäftskundige und unabhängige“ Person handeln. Der Verwalter wird vom Gericht mit der vorläufigen Führung der Geschäfte betraut, hat die Bücher zu prüfen, erstellt eine Übersicht über das verbliebene Vermögen und nimmt die Zahlungsansprüche der Gläubiger entgegen.
Der Insolvenzverwalter kümmert sich auch um die Belange der Arbeitnehmer. Wenn etwa zu wenig Geld für Lohnzahlungen in der Firmenkasse ist, kann er bei der Bundesanstalt für Arbeit beantragen, dass den Beschäftigten übergangsweise ein auf drei Monate befristetes so genanntes „Insolvenzgeld“ gezahlt wird. Dieses entspricht in etwa dem bisherigen Lohn.
Wenn alle Ansprüche der Gläubiger und das gesamte Restvermögen erfasst sind, setzt das Gericht abschließend eine Quote für die Begleichung der Schulden fest. Sie zeigt an, wie viel Prozent ihrer Forderungen die Gläubiger ausgezahlt bekommen. Diese lag in den vergangenen Jahren in der großen Mehrzahl der Fälle zwischen drei und fünf Prozent.
Dabei sind die Banken – wie so oft – im Vorteil: Im Gegensatz zu den Arbeitnehmern haben sie ihre Kreditforderungen in der Regel durch Ansprüche auf Maschinen oder Grundstücke abgesichert. AP
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