Ein Hund als Symbol in Turkmenistan: Glänzender Vierbeiner
In dem abgeschotteten Staat in Zentralasien leiden Menschen Hunger. Aber der totalitäre Präsident beschenkt sein Volk mit einer Hundestatue.
Einer der abgeschottetsten Staaten weltweit, ein Präsident, der einem absurden Personenkult huldigt, und eine Bevölkerung, die nicht genug zu essen hat: das ist Turkmenistan. Doch jetzt ist das zentralasiatische Land vollends auf den Hund gekommen. Mitte November weihte der „weise Führer“ aller Turkmen*innen ein Monument für den Alabai ein.
Sechs Meter misst die Hundestatue in einem Beamtenviertel der Hauptstadt Aschgabat, die mit Blattgold überzogen ist. Der obere Abschnitt des Sockels ist von einem LED-Display umrundet, das den Vierbeiner in Aktion zeigt.
2019 beglückte Gurbanguly Berdimuhamedow sein Volk mit einem sachkundigen Buch über den Alabai. Der sei ein „Symbol für Errungenschaften und Sieg“ sowie „eine Verkörperung des Glücks für unsere turkmenischen Vorfahren“, heißt es darin. Ein Gedicht, das ebenfalls aus der Feder des Hobbyliteraten stammen soll und auch vertont wurde, lässt ob der Bedeutung des Hundes keine Fragen offen: „Mit Unsterblichkeit beschenkt / ist er ein lebendiges Denkmal der Vergangenheit / seine Stimme ist wie keine andere / der erhabene turkmenische Alabai.“
Das Objekt von Berdimuhamedows Begierde gehört zur Rasse des Mittelasiatischen Schäferhundes, der außer in Zentralasien auch in Afghanistan und der Mongolei beheimatet ist. In Turkmenistan, dessen Bewohner früher als Nomaden lebten, ist er vor allem in ländlichen Gebieten anzutreffen – nicht selten auch als Begleiter von Polizeikräften oder des Grenzschutzes.
Ein anderer Präsident wurde mit einem Alabai beehrt
Der 73-jährige Aschir-aga Ischanow, ein ehemaliger Dorfbewohner, erinnert sich noch heute an den Mut des Alabai. Der tue einem Menschen nichts an, habe ihm sein Großvater, ein Schäfer, immer gesagt. Dafür legt er sich mit Wölfen an. „Einmal stürmten wir aus der Jurte. Ein Wolf hatte sich ein Schaf geschnappt, der Alabai biss ihm ein Stück Fleisch aus dem Nacken. Das Rudel ergriff die Flucht“, vertraute er der Nachrichtenagentur AFP an.
Einen großen Moment hatte der Schäferhund auch 2017. Da war er Maskottchen für die Sportveranstaltung Asian Indoor & Martial Arts Games, die Aschgabat ausrichtete und als großes Schauspiel inszenierte.
Als eine Art Nationalheiligtum steht der Alabai unter besonderem Schutz. Wer sich mit Exportgedanken trägt, macht sich strafbar. Der Versuch eines kasachischen Botschafters, einen Alabai aus dem Land zu schmuggeln, endete 2005 mit einem diplomatischen Skandal. Doch ein Ausländer bekommt manchmal ein Exemplar geschenkt – wie Wladimir Putin. Berdimuhamedow überreichte Russlands Präsidenten zu dessen Geburtstag einen Welpen. Ob der den Ortswechsel verkraftet hat, ist nicht überliefert.
Dowlet Kurikow, Ex-Chef der turkmenischen Alabai-Vereinigung, nennt ein 100 Kilogramm schweres Prachtexemplar sein Eigen. Gaplan (Tiger), so glaubt er, würde ihm locker mindestens 25.000 Dollar einbringen. Aber er würde ihn niemals verkaufen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Außenministertreffen in Brüssel
„Europa spricht nicht die Sprache der Macht“