Ein Demoanmelder mehr am 1. Mai: Revolutionäre melden sich ab
Ein linker Sonderling meldet die große Demonstration am 1. Mai um 18 Uhr an. Die bisherige Organisatoren wollen damit nichts zu tun haben. Sie liebäugeln mit 1. Mai ohne Demo-Anmeldung.
Chaos um die "Revolutionäre 1. Mai-Demonstration": Nachdem in der vergangenen Woche ein Mitarbeiter der Linken-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke nach heftiger Kritik seine Anmeldung für die 18 Uhr-Demo zurückzog, springt nun ein Sonderling der linken Szene Berlins ein: Roland Ionas Bialke.
Bei der Polizei wird die Anmeldung bestätigt. Man werde sie prüfen und die üblichen Anmeldergespräche führen, so eine Sprecherin. Wie ursprünglich geplant will auch Bialke die Demo ab 18 Uhr vom Kottbusser Tor nach Neukölln führen. Statt am Südstern soll der Aufzug in der Hermannstraße enden. In linken Internetforen wird dies als "Selbstinszenierung" oder "Satire" kommentiert.
Seit Jahren bewegt sich Bialke in der linken Szene, wird dort von vielen als Einzelgänger betrachtet. Der 28-jährige Neuköllner rechnet sich dem autonomen Spektrum und, wie er selbst sagt, der "deutschsprachigen Hobby-Sprengmeisterszene" zu. Die Polizei durchsuchte seine Wohnung wiederholt nach Sprengstoff. Am 3. Mai muss er sich wegen Verstößen gegen das Waffengesetz vor Gericht verantworten. Bereits 2009 wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er bei einem Staatsbesuch auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zugerannt war. Polizisten überwältigten ihn.
Er sei gewillt, die Demo "durchzuziehen", sagte Bialke der taz. Ziel sei es, die "verknöcherten Strukturen" der Szene aufzubrechen. Laut seinem Aufruf soll zudem gegen die "Zensur von Bombenbauanleitungen" und für "die Liebe der Menschen" demonstriert werden.
Die bisherigen Organisatoren der 18 Uhr-Demo Szene reagierten gelassen. "Es steht jedem frei, irgendwas anzumelden", so Lars Laumeyer von der Antifaschistischen Linken Berlin. "Mit unserer 1. Mai-Demo hat das nichts zu tun." Jonas Schiesser von der Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin schloss eine Zusammenarbeit aus. Das Bündnis suche noch einen eigenen Anmelder. Dringlich sei diese Frage aber nicht, so Schiesser. Er geht davon aus, dass sich am Abend des 1. Mai mehrere tausend Menschen in Kreuzberg für einen Aufzug versammeln werden. "Dann muss die Polizei sehen, wie sie damit umgeht."
In der Vergangenheit endete die 18 Uhr-Demo oft in Krawallen. In diesem Jahr erhoffen sich die Organisatoren eine Repolitisierung, sie wollen den Aufzug unter einem stadtpolitischen Fokus nach Neukölln führen - laut den Planern auch, um "Alkohol- und Krawalltouristen des Myfests" fernzuhalten.
In der linken Szene findet die Idee eines unangemeldeten Aufzugs durchaus Sympathie. Seit Tagen wird bereits eine "Spontan"-Versammlung gegen Gentrifizierung um 16 Uhr am Mariannenplatz beworben - inmitten des Myfests. Man wolle versuchen, "den 1. Mai im Herzen von Kreuzberg neu zu politisieren", heißt es in einem Aufruf. Anschließend wolle man sich im stadtpolitischen Block auf der 18 Uhr-Demo beteiligen.
Versammlungsrechtlich sind diese nicht angemeldeten Aufzüge nicht erlaubt. Allerdings könnten auch noch am 1. Mai selbst Spontandemos angemeldet werden. Die Polizei gab sich gelassen: "Bis zum 1. Mai ist noch viel Zeit, Veranstaltungen an- und abzumelden", so ein Sprecher.
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