Ein Bezirk sagt Ja: Doppelte Wahlbegeisterung
Marzahn-Hellersdorf sagt ganz entschieden Ja beim Bürgerentscheid. Und das gleich zweimal.
Ja haben die Bürger beim Volksentscheid in Marzahn-Hellersdorf gesagt: Ja zum Plan der Initiative für ein freies Feld (57,5 Prozent) und auch Ja zum Senatsentwurf für eine Randbebauung (51,5 Prozent). Dass es sich bei den beiden Fragen eigentlich um zwei sich logische ausschließende Alternativvorschläge gehandelt hat, haben die Wähler im Osten Berlins anscheinend nicht verstanden.
Auch Bezirksbürgermeister Stefan Komoß (SPD) ist ratlos: „Ich zerbreche mir schon den ganzen Morgen den Kopf, wie ich das interpretieren soll“, sagt er im Gespräch mit der taz, „für die Erklärung dieses kuriosen Ergebnisses fehlt mir aber die Fantasie.“
Vielleicht war es jedoch weniger die Überforderung angesichts der vier Kreuzmöglichkeien als ein strategisch fein zurechtgelegter Plan der Marzahn-Hellersdorfer: Also, weg vom Bild der Jammer-Ossis, die sich grundsätzlich übergangen fühlen und deshalb nur Fundamentalopposition können, weg vom Image der Neinsager, hin zu einem konstruktiven Teil der Berliner Stadtgesellschaft. Eine Rolle gespielt haben könnte auch die Reminiszenz an vergangene Zeiten, in denen das Streben nach Planüberfüllung noch verbreitet war und nie mehr als ein Ja zur Abstimmung stand.
Böse Zungen behaupten dagegen, es fehle einfach an Interesse, der Horizont reiche nicht über die „Gärten der Welt“ hinaus. Doch Komoß sieht das Problem anders gelagert. Zwar hingen im Bezirk diese „komischen roten Plakate“ seiner Partei zum Thema Tempelhofer Feld, aber Informationsveranstaltungen gab es keine. Es war schlussendlich doch wie immer: Für Marzahn-Hellersdorf hat sich einfach niemand interessiert. Das ist jetzt die Quittung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja