Ehrensold für Wulff: 199.000 Euro pro Jahr
Der Bundespräsident erhält eigentlich bei Amtsaustritt bis zum Lebensende einen Ehrensold. Die Deutschen wollen jedoch laut einer Umfrage nicht, dass Wulff kassiert.
FREIBURG taz | Christian Wulff soll nach seinem Rücktritt keinen Ehrensold erhalten. Das finden 78 Prozent der Bundesbürger nach einer repräsentativen Emnid-Umfrage im Auftrag von Bild am Sonntag. Dort plädierte auch der Alt-Bundespräsident Walter Scheel für einen Verzicht Wulffs. "Damit könnte er beim deutschen Volk verlorenes Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen", sagte der FDP-Politiker, der von 1974 bis 1979 Bundespräsident war.
Geregelt ist der Ehrensold im "Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten". Danach bekommt ein Bundespräsident, der am Ende einer fünfjährigen Wahlperiode aus dem Amt ausscheidet, bis zum Lebensende einen Ehrensold. Dieser ist genauso hoch wie die Bezüge während seiner Amtszeit – mit Ausnahme der Gelder für sachlichen Aufwand. Pro Jahr beträgt der Ehrensold zurzeit 199.000 Euro.
Wenn der Bundespräsident vorzeitig zurücktritt, bekommt er den Ehrensold nur, wenn er aus "politischen oder gesundheitlichen Gründen" zurücktritt. Er geht also leer aus, wenn dies aus persönlichen Gründen geschieht – etwa weil er lieber mit seiner Frau reisen will.
Im Fall Wulffs ist die Einordnung immer noch umstritten. Der Staatsrechtler und Parteienkritiker Hans-Herbert von Arnim sowie der wissenschaftliche Dienst des Bundestags halten den Rücktritt für persönlich, weil er durch persönliches (Fehl-)Verhalten ausgelöst wurde.
CDU-Politiker widersprechen dieser Sichtweise. CDU-Fraktionschef Volker Kauder etwa sieht "keinen Grund" für einen Verzicht. Auch Fraktionschef Peter Altmaier glaubt, dass Wulff der Ehrensold zusteht. Für ihn sei "eindeutig, dass es ein Rücktritt aus politischen Gründen war", sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk.
Für den Staatsrechtler Christoph Degenhardt sind beim Rücktritt Wulffs politische und private Gründe schwer zu trennen. Wulff hatte erklärt, Deutschland brauche einen Bundespräsidenten, der sich ganz auf sein Amt konzentrieren könne.
Der rätselhafte Rücktritt von Horst Köhler im Mai 2010 galt als politischer Akt. Köhler war demissioniert, weil er sich von Medien wegen Äußerungen über Auslandseinsätze der Bundeswehr zu hart angegriffen sah.
Damals hatte Wulff im ZDF-Interview erklärt, dass er die Höhe des Ehrensoldes für "überzogen" hält. Da müssten Abstriche gemacht werden. Da war er noch nicht als Bundespräsident gewählt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands