Ehemaliges SPD-Mitglied Lagodinsky: Sarrazin war ihm zu viel
Der jüdische Berliner Sergey Lagodinsky tritt aus der SPD aus. "Ich kann es nicht in einer Partei aushalten, die sich einem Sarrazin nicht stellen will."
Es sei ihm schwer gefallen, der Austritt aus der SPD, sagt Sergey Lagodinsky. Lange hat er mit sich gerungen, bevor er eine sehr persönliche Austrittserklärung aufsetzte. Adressat: Andrea Nahles, Generalsekretärin der SPD, die bis zuletzt die Entscheidung des Parteigerichts, Thilo Sarrazin nicht aus der SPD zu schmeißen, verteidigte. "Ich kann es in einer Partei mit Sarrazin aushalten, aber ich kann es nicht in einer Partei aushalten, die sich aus Angst vor dem Stammtisch einem Sarrazin nicht stellen will", schreibt der 35-jährige Berliner in seinem auf den 23. April datierten Brief.
Lagodinsky ist ein Mann aus der zweiten Reihe, aber in der Debatte um den Verbleib Sarrazins in der SPD wiegt gerade sein Austritt besonders schwer. Als jüdischer Immigrant aus der ehemaligen Sowjetunion kam er 1993 mit 18 Jahren nach Deutschland. 2001 trat er der SPD bei, wo er später den "Arbeitskreis jüdischer Sozialdemokraten" gründete.
Lagodinsky ist überzeugt, dass gerade diese innerparteiliche Vielfalt immer eine Stärke der SPD war. Dann kam Sarrazin. Und noch viel schlimmer, das unwürdige Einknicken der Parteispitze. Mit der Rücknahme des Antrags auf Ausschluss des ehemaligen Bundesbankers sieht er die sich an der Parteibasis sammelnde Vielfalt von Christen, Muslimen, Juden und Nichtgläubigen untergraben: "Einen solchen Fauxpas darf sich die Parteispitze einfach nicht leisten." Sie verspiele das Renommee, das die Basis zuvor aufgebaut hat, sagt Lagodinsky.
Dennoch habe er sich erst nach langem Ringen für den Austritt entschlossen. Seine "politische Heimat" sei ihm verloren gegangen. Letztlich wog es dann aber schwerer, ein Zeichen zu setzen und damit die Visionslosigkeit einer ganzen Partei zu entlarven - schwerer, als sich weiterhin aktiv für eine fortschrittliche SPD zu engagieren.
Ein Leben nach dem Austritt bedeutet für Lagodinsky nicht ein Leben ohne Politik: "Alle, die mich persönlich kennen, wissen, dass ich ohne Politik nicht kann." Wo genau es für ihn weitergehen soll, will er aber noch nicht sagen.
Leser*innenkommentare
Wolfgang Banse
Gast
SPD Parteiaustritt ist ein Befreiungsachlag
Herr Lagodinsky hat durch seinenSPD Austritt ein Zeichen gesetzt.Er kann sich nicht mehr mit den Inhalten der SPD identifizieren,was das Verbleiben von Thilo Sarrazin in der Volkspartei/Arbeiterpartei SPD betrifft.Es ist nicht mehr die SPD,in die er einmal eintrat.Als Mensch jüdischen Glaubens fühlt er sich durch die verbalen Entgleisungen des Parteimitglieds Thilo Sarrazin gedemütigt und entwürdigt,im Bezug auf den Artikel 1 des Grundgesetzes,wo es heißt:Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Mögen viele dem Beispiel von Herrn Lagodinsky folgen,was den Parteiaustritt aus der SPD betrifft.
Austritt aus
Graf Nitz
Gast
Wann kommt sein Buch?
Wann die Talkshow?
Wolfgang Banse
Gast
Zeichen gesetzt
Herr Lagodinsky hat mit seinem Parteiautritt aus der SPD im Bezug auf Thilo Sarrazin ein Zeichern gesetzt.Als Mensch jüdischen Glaubens kann er mit dem was Thilo Sarrazins Verbleib in der SPD nicht identifizieren.WQieviel schmerzhaftes hat er erfahren und seine Glaubensgenossen,durch verbale Entgleisungen Thilo Sarrazins.
Möge er eine Partei finden,wo er sich mit identifizieren kann,die ihm eine politische und menschliche Heimat gibt.SPD wie tief bist du gefallen,was Demagogie und Populitismus anbetrifft.
Möge die SPD wieder zu ihren Tugenden zurück kehren
und zu ihren Werten die verloren gegangen sind.
KoksGräfin
Gast
hoffentlich werden noch viele weitere parteimitglieder Lagodinsky's beispiel folgen. die spd rettet nur noch eines: so richtig volle lotte auf die schnauze fallen, um hernach endlich aufzuwachen.
Ratze
Gast
Die SPD ist nicht zum ersten mal vor dem Stammtisch eingeknickt.Ich erinnere mal an die doppelte Staatsbürgerschaft.Schnee von gestern,wie die SPD bald Schnee von gestern sein wird.Ebenso die CDU.Die Stammtische sind nämlich dabei immer kleiner zu werden.Eine Zukunftsorientierte Politik sowohl wirtschaftspolitisch als auch gesellschaftspolitisch ist nur von den Grünen zu erwarten.
Gerda
Gast
Mich interessiert es und ganz im Ernst und weil er zu den engagierten Russen gehört, die mit großen persönlichen Hoffnungen und sogar mit politischen, nämlich erfreulicherweise mit sozialdemokratischen Ambitionen nach Berlin eingewandert sind und sich hier niedergelassen haben. Solche Menschen braucht Berlin!
Er macht überhaupt nicht einen auf "Heulsuse". Ich finde es richtig, daß er seinen Austritt öffentlich gemacht und aufrichtig öffentlich begründet hat. Dadurch bleibt das Thema auf der gesellschaftspolitischen Tagesordnung, die gesellschaftspolitische Debatte hält an, und zwar "transparent" gemäß dem Motto: "Gesicht zeigen!" und/oder "Farbe bekennen!".
Im Herzen bleibt Herr Lagodinsky sicherlich und hoffentlich Sozialdemokrat, engagiert sich erst einmal außerparteilich und/oder überparteilich - und kann später durchaus wieder in die Berliner SPD eintreten, wenn sie sich seiner Beobachtung nach "gebessert" und sich auch auf ihre sozialdemokratischen (Nachkriegs)Wurzeln und Ideale besonnen hat.
Dies zur weiteren Motivation von aufrichtigen Menschen, deren Herz nach wie vor links schlägt.
P.S.
Ich war auch mal 1981 "SPD-Mitglied und gegen den NATO-Doppelbeschluß" - und bin seinerzeit nicht aus der Partei ausgeschlossen worden. Nach dem Berliner Mauerfall bin ich allerdings 1991 auch demonstrativ ausgetreten, auch schriftlich begründet, aber nicht öffentlich gemacht, und zwar wg. der Aushöhlung des verfaßten Asylrechts und wg. der ernsthaft überlegten "Amnestie für Steuersünder" / "Amnestie bezüglich der Parteispendenaffären". Ich wollte bei dem selbstherrlichen "Sozi-Haufen" nicht mehr mitmachen und deren sehr kritikwürdige Politik nicht mehr bestätigen und durch meine Beiträge fördern.
Viele einstige Parteimitglieder der SPD haben sich neu orientiert, zum Beispiel seinerzeit dann bei den Grünen und heutzutage oftmals bei den Linken.
Ich persönlich allerdings trete nie mehr einer Partei bei! Weil ich diese innerparteilichen Intrigen und gemeinen Hinterhältigkeiten nicht ausstehen kann, aber scheinbar für "politisches Handeln" unerläßlich sind, oder nicht?
Celsus
Gast
Die SPD wird das Problem der Austritte wahrscheinlich mit kaltschnäuziger Arroganz herunterspielen. Das große Heulen kommt bei denen erst, wenn die noch mehr Prozente bei Wahlen verlieren. Aber wen interessiert die SPD denn noch? Das werden eh immer weniger.
Hatem
Gast
Lagodinsky kann ja bei der Linkspartei anheuern. Speziell in Duisburg brauchen die jemanden wie ihn.
Rainer
Gast
Ich könnte es in einer Partei nicht aushalten die keine Streitkultur hat und einen Sarazin nicht erträgt. (Wie andere auch)
Anders denken kann Bewegung schaffen. Ohne Bewegung schafft man sich ab.
lachhaft
Gast
Lagodinsky macht einen auf Heulsuse.
Sich schmollend wie ein kleines Kind zurückzuziehen, hält Herr Lagodinsky also für eine intelligente Lösung und bildet sich ein, indem er sich jetzt komplett zurückzieht, hätte er jetzt etwas erreicht oder Einfluß gewonnen?
Lachhaft!
Und mal im Ernst: Interessiert es wirklich jemanden, ob Herr Lagodinsky in der SPD ist oder nicht?
Michael
Gast
Was ein Schnellmerker, der Herr Lagodinsky.
Aber als Sarrazin vor zwei Jahren vom durchschnittlich 15% höheren IQ osteuropäischer Juden geschwafelt hat, da war die Welt noch in Ordnung, was?
Und als danach bereits ein Ausschlussverfahren scheiterte, ebenfalls, gell?
Ich weiß nicht.
Fällt das nun unter "Besser spät als nie" oder ist das einfach nur noch beknackt?
Augustin Sumser
Gast
Hat schon mal einer gefragt, wieviele nicht aus der SPD ausgetreten sind, weil die Partei eben nicht vor ihren politisch Superkorrekten einknickte? Wie steht's bei denen mit der Toleranz?
Rufus Rand
Gast
"Lagodinsky ist überzeugt, dass gerade diese innerparteiliche Vielfalt immer eine Stärke der SPD war".
Als ob es nicht die innerparteiliche Vielfalt wäre, die für einen Verbleib Sarrazins spräche! Lagodinsky muss noch lernen, nicht nur seine eigenen Präferenzen für Vielfalt zu halten, sondern auch die Betrachtungsweisen zu repektieren, um die sich andere Menschen bemühen.
Nicht-Dschörrmän
Gast
Warum ist wird uns die Religion eines SPD-Mitglieds zu mitgeteilt ? :ein "jüdisches" Mitglied der SPD ist aus der Partei ausgetreten. Wow - ein "Jude" ist ausgetreten !!! Warum erfährt man nicht, wieviel "moslemische " und "christliche" SPD -Mitglieder auch ausgetreten sind. Liegt es vielleicht daran, dass ein "Jude" wichtiger ist als ein Moslem oder ein Christ ?!
Ist das nicht Religions-Rassismus ?!
ANtworter
Gast
Sehr geehrter Sergey Lagodinsky,
da Sie ein Jude in Deutschland sind, verstehe ich Ihre historisch begründete Angst vor negativen Äußerungen, die rassisch oder kulturell begründet sind, aber dennoch meine ich, schlagen Sie mit Ihrem Exempel-Austritt über die Stränge.
Wegen eines Menschen wie Sarrazin treten Sie aus Ihrer Partei aus? Warum? Dieser Mann hat keinerlei direkte Macht und seine Worte sind seine persönliche Ansichten und stehen nicht für die der gesamten SPD. In Deutschland herrscht (weitestgehend) Meinungsfreiheit und auch ein Herr Sarrazin darf seine Meinung äußern und auch publizieren, ob begründet oder nicht bzw. falsch. Ihre ehemalige Partei steht für diese freiheitlichen Werte und muss Störenfriede aushalten können und über deren Worte vernünftig reflektieren. Sarrazins Buch ist nicht "Mein Kampf" und nicht gefährlich! Die Ansichten, die er dort niedergeschrieben hat, sind in der Bevölkerung weit verbreitet und deshalb so akzeptiert und die überhitzte Debatte darüber zeigt doch nur, wie unfähig und blind die Politik, ja auch die der SPD, war und ist.
Die SPD braucht Menschen wie Sie, Menschen die sich Gedanken machen und emotional an Themen beteiligt sind. Duckmäuser und flüchtende Politiker hatten wir nun wahrlich genug. Treten Sie wieder ein und seien Sie ein Mann!
Mit besten Grüßen,
Ihr W. Schmidt aus Dresden.
SPD schafft sich ab
Gast
Kleine Auswahl:
- Agenda 2010
- Finanzmarktreformen (Asmussen)
- Hessen-Wahl (Ypsilanti)
- Große Bankenrettung mit Steuergeld(Steinbrück!!!)
- Stammtisch-Sarrazin...Noch Fragen?
Die Mehrheit der Bürger würde heute eine Partei wählen, die den Namen "sozialdemokratisch" zu Recht trägt, aber nicht diese SPD!
Möchte möchte sich die SPD jetzt als ewiger Juniorpartner der CDU profilieren? In ihrem jetzigen Zustand ist die SPD überflüssig!