piwik no script img

Ehemalige Pastorin klärt aufJesus war bisexuell

Ein neues Buch aus den USA nährt die Vermutung, Gottes Sohn sei bisexuell gewesen. Oder gar schwul. Darf das wahr sein?

Soll die Liebe zum Vielfältigen als menschenwürdig geschätzt haben: Gottes Sohn. Bild: dpa

Sieben Jahre wirkte sie als Pastorin in einer christlichen Gemeinde in den USA - ehe Kittredge Cherry sich etwas Ruhe gönnen wollte. Sie verlegte sich aufs Schreiben und ihr erstes Erzeugnis liegt nun auch auf Deutsch vor. In Amerika hat es, was sonst, bei evangelikalen Christen wütende oder bösartige Reaktionen hervorgerufen. Denn Cherry hat die Bibel auf ihre Weise gelesen - und in Jesus, unverblümt, einen Mann erkannt, der mindestens bisexuell gelebt hat. Ihre Exegese - biblischer Zeugnisse, Evangelien wie Apokryphen inklusive eines gesunden Menschenverstandes - ließ kein anderes Begreifen zu. Klar, das musste doch so sein: Junge Männer, die nichts gegen Frauen haben, aber gern mal für sich sind; in der Runde auch ein Mann namens Johannes, geliebter Freund des Jesus von Nazareth, kein One-Night-Stand, sondern glühender, liebender Gefährte. Eine Liebe, die nicht im Darkroom gestiftet ward, sondern unter dem Himmel von Galiläa.

Keine Spur davon, so lässt sich ihr Buch summieren, dass Jesus Frauen keinen Raum ließ; im Gegenteil liebte er auch Frauen, wenn auch als Schwestern. Die Liebe zu allen sei just spirituelle Kraft und der Motor gewesen, alle Menschen, die unter sexueller Gewalt zu leiden hatten, unter dem Schirm des Herrn zu sammeln - und in diesem Sinne liegt es nah, Maria Magdalena als intelligente Überlebende eines sexuelles Traumas zu erkennen.

Im Grunde freilich lässt sich in Deutschland nach mehreren Jahrzehnten andersbiblischer Vorschläge (durch Fulberth Steffensky, Dorothee Sölle, Luise Schottroff und anderen) sagen, ist es egal, welchem roten Faden der Erotik Jesus nun anhing und welchem nicht. Das göttliche Gebot der Liebe und der Nächstenliebe zugleich hätte eigentlich in all den Überlieferungen seither die Idee befördern müssen, dass Kinderproduktion das eine, Heterosexualität nur Neigung unter vielen sein wird. Aber die Lust, auch die körperliche, ist die erste, die ein geistiges Band zwischen Menschen knüpft.

Man wird das Buch vielleicht ignorieren, im günstigsten Fall belächeln. Was aber spricht dagegen, dass Jesus es mit der Vorliebe für Heterosexuelles nicht so im Sinne hatte? Dass er womöglich auch deshalb am Kreuze zu sterben bereit war, weil er die Liebe zum Vielfältigen als menschenwürdig schätzte, nicht den Zwang zu - aus heutiger Sicht - vatikanischer Menschenproduktion, für die einzig das Sexuelle gut sei?

Ist nicht ebenso wahrscheinlich, dass die biblischen Texte im Verständnis der meisten ihrer Interpreten einer Verhöhnung des Jesuanischen gleichkommen, schildern sie doch alles in der Perspektive der Sünde und Verfehlung? Das kann Gottes Sohn niemals gemeint haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • OO
    Out of the Closet

    Die rechtsgläubigen Kommentare hier strotzen ja geradezu vor (asexueller?) Liebe. Es gibt doch nichts erregenderes, als wenn der Herr HERR sich an einer Lesbe rächt, nicht wahr?

  • S
    schneider

    Ws für ein haarsträubender Unfug.

    Aber so sieht man, wie schnell man heute aus der Bibel eine Menge Mist rausinterpretieren kann.

    Komisch, da sie als Pastorin eigentlich Ahnung haben sollte, wie man die Bibel auslegt.

     

    Nur am Rande zum nachdenken:

    Die Bibel gibt uns genaue Hinweise auf Gebote, oder die Liebe Gottes. Es steht duetlich da.

    Im Grunde müssten dann solche Themen auch genau dastehen.

    Ist aber nicht der Fall, deswegen muss man über 50 Seiten eine Erklärung aus zusammengestückelten Bibelversen erstellen. So funktioniert das heute. Und damit kann man auch alles aus der Bibel herausholen.

  • C
    Christ

    Als Pastorin sollte ihr klar sein, dass die Liebe etwas Vollkommenes Allumfassendes ist, und das liegt daran, dass Gott selbst die Liebe ist. Bisexualität hingegen hat nichts mit Liebe zu tun, sondern ist eine körperliche Neigung zu beiden Geschlechtern. Liebe ist also geistlich und Sexualität körperlich. Es wäre bei einer Persönlichkeit wie Jesus sogar denkbar, dass dieser Asexuell gewesen ist, also keinerlei sexuelle Ausrichtung hatte. Die echte Liebe egal zwischen wem, ist stärker als alle anderen Bande. Eine Beziehung zwischen Mann und Frau welche auf der sexuell begründeten Anziehung allein beruht hält nur kurze Zeit. Das ist mit ein Grund für Scheidungen. Liebe ist ewig. Wenn zwei Männer einander lieben sind diese nur dann schwul, wenn diese sich gegenseitig auch sexuell begehren. Andernfalls sind sie einfach echte Freunde, die füreinander ihr Leben geben würden. Der Begriff Liebe wird immer wieder für sexuelle Zuneigung missbraucht. Liebe braucht kein Sex. Aber Sex bedarf der Liebe um nicht verletzend oder zerstörerisch zu sein. Also alles haltlose Spekulation. Ich vermute die Frau will einfach nur Geld...

  • G
    ghermann777

    Aber der Herr HERR, wird es an ihr Rächen, bzw. kann sie durch Seine Gnade noch erretten. Das ewige Gericht bleibt niemandem erspart! Auch einer ehemaligen Pastorin - die in Sünde viel, schon gar nicht.

  • A
    Alster

    Die ganze Mentalität der Dame läuft darauf hinaus,

    dass sie etwas schreibt, was weder bestätigt, noch

    widerlegt werden kann. Aber einst ist gewiss, sie

    wird an jemanden verdienen, der sich nicht mehr wehren kann. Und sollte Jesus nur Heterosexuell

    gewesen sein, so bleibt doch immer etwas hängen,

    dass von zünftigen schwulen Regierungen ausgewertet

    werden kann.

  • R
    Richard

    Sehr geehrter Herr Feddersen,

    was, oder wer Jesus auch immer war ist doch nicht wichtig!Wichtig ist: in allen Niederschriften über Ihn wird Er als ein ehrbarer,freundlicher,verlässlicher,zu seinem Wort stehender Mensch dargestellt. Nie hat Er einen Menschen für sein Handeln verurteilt, Er hat die Schwächen seiner Mitmenschen akzeptiert und tolleriert, sogar auf sich genommen, damit wir Menschen besser werden( was ja nicht funktioniert hat).

     

    Auch wenn das Utopien sind, so sollten die Menschen sich ein Beispiel daran nehmen,das ist der Grundgedanke. Wie oft wir einen Menschen verletzen und schlecht behandeln, obwohl Er uns nichts getan hat wissen Sie, Herr Feddersen, sicher selbst. Was also eine Pastorin in den USA glaubt herausgefunden zu haben, ist nebensächlich und uninteressant,wer will das wissen, wie human wir uns täglich im Umgang miteinander verhalten ist und bleibt die Grundidee und nicht wer mit wem, wie oft.

     

    JH

  • D
    dborrmann

    Der Vatikan und die katholische Kirche sind m. E. ziemlich schwul; dies wird ja gerade in diesem unglaublichen Gemauschel aus Homosexualität (Kurienprälat), Homophobie (Herrlein Ratzinger) und Pädophilie (neulich in Bayern) deutlich. Ohne Zölibat und mit einer fröhlichen, jesuanischen Haltung wäre das alles viel netter.