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Eft süß. Wirklif!

■ MOKI begeistert im Waldau-Theater mit gelungener Inszenierung des Klassikers „Das Urmel aus dem Eis“

Wo sind die Fäden? Wo die bibbrig wackelnde Frischhaltefolie? Und wo zum Teufel sind Jim Knopf, Lukas, Frau Mahlzahn und all die anderen? Hää?

Ach nee, falscher Film. Bei „Urmel aus dem Eis“haben die ja tatsächlich nichts zu suchen. Und da das Urmel, Nana, Tim Tintenklecks und Professor Habakuk über die Bühne des Waldau Theaters flitzten, wären Marionettenfäden und die Weltfolienmeere ebenfalls fehl am Platz gewesen.

Und vermißt hat nur der diese Reminiszenzen an die Augsburger Puppenkiste, der Tomaten auf den Augen hatte und anstelle eines butterweichen Herzens allenfalls mit der ordinären Variante dieses Organs ausgestattet ist. Aber von solchen komischen Typen war, trotz des einen oder anderen Erwachsenen im Saal, im voll besetzten Theater nichts zu sehen. Und die anwesenden Mädchen und Jungen schlossen Nina Arena in der Gestalt des Urmels bereits Sekunden nach ihren ersten wackeligen Schritten jenseits ihres Geburtseis fest in ihre buttrigen Pumpmuskel. Und auch die anderen wundervollen SchauspielerInnen des MOKI haben nach dieser hinreißenden Aufführung ihren Platz dort sicher.

Ein schuppiger Rücken, grüne Flügelchen und 'ne ziemliche Erkältung im Schnabel – derart betritt das Urmel die Insel Titiwu, auf der Professor Habakuk Tibatong (Klaus Nowicki) mit seiner sprechenden Tierschar wohnt. König Pumponell der 55. (Wiegand Haar), ein passionierter Jäger und immer auf der Suche nach ausgefallenen Trophäen, erfährt von Urmels Existenz und macht sich auf die Safari.

Aber die Solidargemeinschaft der Inselbewohner rettet das Urmel und macht aus Pumponell am Ende einen ausgesprochenen Gutmenschen. Nie mehr wolle er Tiere schießen, verkündete er unter dem donnernden Applaus des Publikums. Das hatte dem König an geistiger Reife allerdings einiges voraus, beschimpfte es den Jäger schon bei seinem ersten Auftritt lautstark mit „Mörder!“.

Da hatten es die anderen Akteure dank ihrer sympathischeren Rollen erheblich leichter, sich die Zuneigung der Kinder zu sichern. Wutz das Hausschwein (Christine Renken) drückte und knutschte wie sonst nur Henning Scherf, während die Suche des mit viel Watte im Schritt ausstaffierten Ping Pinguin (Ingrid Frana) nach seiner legendären „Mupfel“rührend anzusehen war. Aber daß Seele-Fant (Ulf Albrecht), diese dauerdepressive Heulboje, am Ende dazu verdammt war, wider seine ureigenste Natur fröhliche (!) Lieder zu intonieren, das verzeihen wir Überzeugungsmelancholiker dem Regisseur Horst Arenthold nur schwerlich.

Es kann nur ein Urmel geben. – Eigentlich. Aber bei Nina Arena, dem MOKI-Urmel, machen wir seit heute eine butterweiche Ausnahme. zott

Termine: Wer den Taffee pfnell trinkt, pfafft es noch, um 10 Uhr im Waldau Theater tschu sein. Ansonsten muttu bis zum 22. April in Deiner Mupfel ausharren.

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