Edathy im Untersuchungsauschuss: Widerspruch von allen Seiten
Aussage steht gegen Aussage: Wer Sebastian Edathy vor den Ermittlungen gewarnt hat, ist weiterhin unklar. Thomas Oppermann bestreitet alle Vorwürfe.
BERLIN dpa | Im Untersuchungsausschuss zur Edathy-Affäre steht in einer zentralen Frage zur Weitergabe von vertraulichen Informationen Aussage gegen Aussage. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann widersprach der Darstellung seines Parteifreundes Sebastian Edathy, wonach er von diesem mit Informationen über den Fall versorgt worden sei.
Die Opposition will im Untersuchungsausschuss des Bundestages klären lassen, ob in der Affäre um die Ermittlungen gegen Edathy wegen Kinderpornographie Geheimnisverrat oder Strafvereitelung im Amt vorliegt.
Edathy hatte im Februar sein Mandat wegen Ermittlungen zum mutmaßlichen Besitz kinderpornografischer Aufnahmen niedergelegt. Der frühere SPD-Abgeordnete war nach eigener Darstellung ständig über die Ermittlungen gegen sich informiert.
Das Leck soll der damalige Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, gewesen sein. Außerdem sei der Kreis der Mitwisser in der SPD um Fraktionschef Thomas Oppermann größer gewesen als bisher bekannt, behauptete Edathy am Donnerstag vor der Presse in Berlin.
Oppermann weist zurück
Oppermann bekräftigte seine Haltung, wonach er die sensiblen Informationen nicht in seinem Umfeld verbreitet habe. „Ich habe mein Wissen über den Fall Edathy bis zu dessen Mandatsniederlegung keinem meiner Mitarbeiter anvertraut“, sagte der SPD-Politiker der Bild-Zeitung. Zur Schilderung Edathys, er sei über seinen Fraktionskollegen Hartmann mit BKA-Informationen über den Ermittlungsstand versorgt worden, sagte Oppermann: „Das ist eine abenteuerliche Behauptung, die ich für total abwegig halte.“
Auch Hartmann erklärte, er habe 2013 vom damaligen BKA-Präsidenten Ziercke keine Informationen über laufende Kinderporno-Ermittlungen gegen den damaligen Abgeordneten Edathy erhalten. Deshalb habe er Edathy auch nicht – wie von diesem behauptet – über den Stand der Ermittlungen gegen ihn auf dem Laufenden halten können.
Hartmann, der selbst kürzlich ein vorübergehendes Drogenproblem eingestanden hatte, betonte im Ausschuss mehrfach, Edathy habe Ende 2013 viel Alkohol getrunken. Mehrere Fragen konnte Hartmann nicht beantworten. Er führte Erinnerungslücken an.
„Erstunken und erlogen“
Die Grünen warfen Hartmann vor, er habe sich in seinen Aussagen in Widersprüche verwickelt. Angesichts seiner Aussagen als Zeuge im Untersuchungsausschuss könne der Eindruck entstehen, seine wenige Tage zuvor veröffentlichten Angaben zu der Kinderpornographie-Affäre seien „erstunken und erlogen“, sagte die Obfrau der Grünen im Ausschuss des Bundestages, Irene Mihalic, am Donnerstagabend.
Die Affäre hatte im Frühjahr den Start der großen Koalition aus Union und SPD überschattet. Der CSU-Bundesminister Hans-Peter Friedrich stürzte, weil er Informationen zu drohenden Ermittlungen gegen Edathy an SPD-Chef Sigmar Gabriel weitergegeben hatte. Ob und von wem Edathy gewarnt wurde, prüft der Untersuchungsausschuss des Bundestages. Dort war Edathy am Donnerstag erstmals seit Bekanntwerden der Vorwürfe vor zehn Monaten als Zeuge erschienen.
Die fast elfstündige Befragung der Zeugen nedete am frühen Freitagmorgen. Der Ausschuss will seine Arbeit am 15. Januar mit der Befragung des ehemaligen BKA-Präsidenten Jörg Ziercke fortsetzen. Am gleichen Tag soll auch Edathy erneut als Zeuge angehört werden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich