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EU will Antirassismus-Konferenz boykottierenAhmadinedschad spaltet UN

Der Auftritt des iranischen Präsidenten droht die Antirassismus-Konferenz in Genf platzen zu lassen. Die EU-Länder fürchten Israel-Hetze und überlegen einen Boykott.

Der iranische Präsident Ahmadinedschad ist für seine Provokationen berüchtigt. Bild: dpa

BERLIN taz Es wäre das erste Mal, dass Deutschland eine wichtige UN-Konferenz boykottiert. Doch bei der Antirassismuskonferenz kommende Woche in Genf könnte genau das passieren. Am Freitag hat sich die Bundesregierung einen Boykott der Konferenz offengehalten. Vor einer Entscheidung wollte sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) aber noch mit seinen EU-Kollegen abstimmen. Zuvor hatte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), eine Teilnahme Deutschlands als unwahrscheinlich bezeichnet: "Ich würde es für richtig halten, wenn die EU geschlossen nicht an der Konferenz teilnehmen würde."

Kritiker fürchten, dass die Konferenz zu einem Forum für antiisraelische und antisemitische Hetze wird, zumal sich als Gast der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad angekündigt hat. Seit Wochen zanken sich die Diplomaten über den Wortlaut des Abschlussdokuments der sogenannten Durban-Nachfolgekonferenz. In der ersten Fassung des Textes wurde als einziger Staat Israel wegen des Palästinenserkonflikts an den Pranger gestellt, andere Konflikte wie der in Darfur wurden nicht erwähnt. Die Leitung des Vorbereitungskomitees hatte Libyen, zu den weiteren beteiligten Staaten gehörten der Iran und Pakistan.

In einem von Russland ausgearbeiteten Kompromissentwurf wurden zwar die umstrittenen Passagen über Israel getilgt. Doch noch am Freitag soll der Iran erneut versucht haben, einen Absatz aufzuweichen, der sich gegen das Vergessen des Holocaust richtet. Israel, Italien und Kanada wollen die Konferenz boykottieren. Auch die USA werden höchstwahrscheinlich nicht erscheinen.

In der großen Koalition ist ein Boykott der Konferenz umstritten. "Eigentlich muss man jetzt erst recht nach Genf fahren, um das Schlimmste zu verhindern", sagte der SPD-Menschenrechtsexperte Christoph Strässer der taz. "Das Thema ist zu wichtig, um es Personen wie Ahmadinedschad zu überlassen."

Ähnlich sieht das auch der Leiter des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Heiner Bielefeldt. "Die Gefahr, dass Ahmadinedschad und andere antisemitische Hetzreden halten, ist groß", sagte er. "Dennoch sollte Deutschland die Konferenz nicht von vornherein boykottieren." Die Delegierten aus der EU sollten sich aber die Option offenhalten, "jederzeit aus der Konferenz herauszumarschieren". Ein Scheitern des Durban-Prozesses würde nach Ansicht Bielefeldts "die UN-Menschenrechtspolitik um Jahrzehnte zurückwerfen". Denn bei aller Kritik an der UN-Antirassismuskonferenz sei in Durban 2001 auch Positives erreicht worden. So seien erstmals Kolonialismus und Sklavenhandel als Verbrechen gegen die Menschlichkeit geächtet worden. Im südafrikanischen Durban hatten sich 160 Staaten auf ein Aktionsprogramm gegen Rassismus geeinigt. Damals hatte Syrien versucht, Israel als rassistischen Staat verurteilen zu lassen. Das wurde verhindert, dennoch reisten die USA und Israel vorzeitig ab.

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15 Kommentare

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  • E
    Eisvogel

    Hat hier jemand einen Link, wo man die Vorbereitungspapiere, die ja angeblich schweren Grund zur Sorge gaben und als Begründung für den Boykott genannt werden, einsehen kann?

  • M
    Martin

    man braucht sich doch bloss an die grauenhaften bilder aus dem gaza ghetto zu erinnern, an die vielen kriegsverbrechen und erschütternden ermordungen von frauen und kindern, von denen sogar israelische soldaten sagten, es sei willkürlicher mord gewesen, wie ein 'ausknippsen' von menschenleben, an die verwendung von phosphor bomben, an den vandalismus und an aufschriften 'tod den arabern' - einem semitischen volk - um zu wissen, warum jetzt einige staaten vor einer diskussion weglaufen statt sich ihr zu stellen.

  • I
    Iraner

    Im Iran werden Juden, Christen, Sunni,s Bahis und Säkulare mit allen Mittel diskriminiert, verhaftet und im Gefängnisse umgebracht. Steinigung und Aufhängen der Menschen von Kräne (made in Germany) ist ganz normal. Frauen, Blogger und Journalisten kommen in Gefängnisse um. Also es herrscht shia Apartheid.

    Wer mit Ahmadinejad redet akzeptiert das alles und wer ihm die Hand gibt beteiligt sich an seine Taten. Schröder war zu letzt da, peinlich für SPD. Fisher und Anglika Bähr waren auch sehr oft da und haben küsschen verteilt peinlich für die Grüne.

  • J
    Judit

    Alle habe angst von Ahmadinejat weil Warheit über Sionistenstaat Israel reden will,Er hat nicht gegen Juden ,er hat was gegen Sionisten (Besatzern)zu tun im Iran leben Viele Jide ohne Probleme

  • S
    Saman

    Das ist ja lustig,

    ich bin halb Deutscher und halb Iraner, bin in Deutschland geboren, in Iran aufgewachsen und zur Schule gegangen und Studiere zurzeit in Deutschland.

    Alles was wir früher als Propaganda wehrend des Iran-Irak Krieges in den Schulen gehört haben, lese ich hier wieder.

    Wir haben immer gehört dass totalitäre Staaten wie USA, die eine Weltherrschaft erreichen wollen und keine andere politischen und sozialischen Ansichten außer der westlichen anerkennen, jede Art von islamischen Glauben ausschalten wollen.

    Sie sagten uns immer dass es in den USA keine Freiheit gibt, dass dort unschuldige Menschen gefoltert und hingerichtet werden und dass die USA wie weitere Großmächte für eine Weltdiktatur sind (sieht man ja an deren Vetorecht). Wie kann ein Henker und ein Diktator über Menschenrechte urteilen.

    Sie sagten uns immer das die westlichen Staaten und Israel versuchen wollen uns Iraner als Judenfeindlich darzustellen. Dabei lebt die größte Judengemeinschaft im Mittleren Osten in Iran. Iran ist nur gegen den Besetzungsstaat Israel. Dabei hat der Iran in den letzten Jahrhunderte, nie ein anderes Land angegriffen, wie steht es aber mit Israel und den USA?

    Alle TV-Berichte werden so dargestellt als ob es bewiesen ist das Iran an Atomwaffen arbeitet, aber wieso wird nicht ein einziger Beweis gezeigt? Ich mein nicht solche Fotos wie die, die als Beweis zum Irak-Angriff vorgezeigt wurden.

    Uns wurde immer gesagt das USA und Israel zu schwach sind gegen den islamischen Länder und generell Länder der Dritten Welt vorzugehen, weshalb sie die Vereinten Nation und die Medien instrumentalisieren, um die Menschen an anderen Orten der Welt gegen diese Länder zu hetzen.

    Uns wurde gesagt: Mann kann nicht erwarten dass die UN kompetent ist, da die Staaten in denen am meisten Menschenrechtsverletzungen vorkommen, Vetorechte besitzen.

    Ich dachte bis jetzt dass das alles lehre Propagandasprüche waren, wenn ich aber die Kommentare hier lese, denke ich dass der Iran vielleicht doch recht hatte und das die westlichen Staaten nur später darauf gekommen sind. Wie Irans Krieg und Feindlichkeit mit Saddam Husein, Taliban und Alqaida, die damals noch von den westlichen Staaten und besonders USA unterstützt wurden.

  • KK
    Klaus Keller

    herr steimeier muß sich also mit seinen kollegen abstimmen. ich empfehle herrn steinmeier dorthin zureisen, er kann dann über die deutschen erfahrungen mit rassismus berichten und herrn ahmadinedschaed einladen einmal deutschland zu besuchen, man könnte die rundreise in bergen-belsen oder dachau beginnen, vieleicht sollte er ihm als gastgeschenk einen lampenschirm übereichen der aus der haut eins menschen gemacht ist. keine sorge herr steinmeier wird es nicht tun, herr steinmeier taucht nur auf wenn er weis das er in der sonne glänzt.

  • S
    skooks59

    Jaja der böse Iraner und die bösen Palästinenser wer hat den Palestina besetzt doch nicht etwa die Palästinenser es waren und sind die israeli die ein unabhängiges Land besetzten, doch Israel sagt es ist Ihr Land weil es Ihnen gehörte bis 587 v.u.z da wurde es von den Babyloniern erobert, danach von den Griechen unter Alexander den großen und danach von den Römern, Osmanen und soweiter am schluß kammen die Briten die das freie Palestine besetzten und es dan an denn Israeliten weitergaben aber auch nur weil der Israelitische Teror Ihnen zu Teuer wurde.

  • L
    Lucas

    17.04.2009 23:13 Uhr:

    Von Hans:

     

    Sollen wir jetzt jede Konferenz der UN boykottieren bei der möglicherweise jemand etwas schlimmes über Israel sagen könnte?

    Es wäre sehr wünschenswert, dass die Journalisten zwischen Anti Israelischen und Anti Semitischen Äußerungen differenzieren. Nach den Verbrechen im Gaza Krieg ist Kritik an Israel durchaus angebracht - das ist kein Anti Semitismus!

     

    Erstens haben sie nicht verstanden, worum es in dieser Konferenz eigentlich geht, es geht um die westliche Wahrnehmung und Kritik an autoritären Staaten, die die Scharia als Weltgesetz einsetzen wollen, wenn sie damit konform gehen, nur zu Dhimmi sein mag auch seine Vorteile haben, Israel ist nur der Aufhänger.......

     

    Haben sie sich eigentlich einmal mit Berichterstattung beschäftigt ? Ich meine, mit ausgewogener Berichterstattung ?

     

    Welche Verbrechen sind geschehen ? Beweise will ich haben, nichts als Beweise.....Bitte ich frage das aufrichtig......Die Kriegsverbrechen, derer Israel von den Medien wohlgemerkt angeklagt wurde, haben sich in Nichts aufgelöst.....Ich beschäftige mich seit Jahrzehnten mit der Berichterstattung, gerade wenn es um Israel geht. Warum klagen sie nicht die Verbrechen der Hamas an, die Kinder und Frauen als Schutzschilde benutzen, warum kümmern sie sich nicht um die Millionen Opfer weltweit, warum nicht darum, daß im Libanon 2007 mehr Tote zwischen Palästinensern zu verzeichnen sind als im GESAMTEN Gaza Konflikt...

     

    Ich sage es Ihnen warum.....weil sie im Innnersten eben doch den Juden die Schuld geben und sich aus psychologischer Sicht nur der Schuld entledigen wollen..traurig aber wahr......

  • D
    Doch!

    Zu "Nein!": Ihr kurzer Kommentar strotzt von Vorurteilen, Unterstellungen und Unwissen.

    Auch wer Israels Politik kritisiert, muss fairerweise zugeben, dass es viel schlimmeres auf der Welt gibt. Wer ausschließlich Israels Handlungen an den Prangerer stellt, dagegen Menschenrechtsverletzungen des Irans, Libyens, Saudi-Arabiens, Ägyptens, Russlands, der USA, Deutschlands, Syriens,

    Englands, Chinas, Thailands, des Sudans, Südafrikas, Simbabwes etc. unerwähnt lässt, ist ein Heuchler oder von blindem Hass gegenüber Israel (und den Juden?) erfüllt.

  • L
    Lucas

    diese Konferenz wird nicht nur wegen Israel boykottiert, sondern weil totalitäre Staaten wie Iran, Syrien und andere JEDE Art von westlicher Meinungsfreiheit ausschalten wollen, Kritik an der Religion auszuhebeln, heißt auch Kritik an den unseligen Menschenrechtsverletzungen (erst letzte Woche wurden im Iran wieder zwei Jugendliche öffentlich aufgehängt) dieser Staaten unterbinden zu wollen. Israel ist nur der Aufhänger, um möglichst viele Antisemiten dieser Welt unter EINEM Dach zu vereinigen. Also reines Kalkül dieser antidemokratischen Staaten. Bis heute wird die Sklaverei in den arabischen Staaten betrieben. Wie kann ein Henker über Menschenrechte urteilen. Laßt euch nicht verblöden, egal wie man zu Israel steht, es ist nur die Spitze des Eisberges.......

  • H
    Henker

    Es geht Ahmadinetschad doch nicht nur um Israel, es geht ihm um die Juden insgesamt, er möchte sie alle tot sehen...

    Und man sollte seine Drohungen ernst nehmen, warum forscht sonst der Iran an atomaren waffen?

     

    Israel hat auch keine Menschenrechtsverletzungen begannen, Israel war immer bemüht um Frieden, aber Palästina führt ja einen Angriffkrieg gegen Israel.

    Da sie aber zu schwach sind, instrumentalisieren sie die Medien zu ihren Gunsten, so dass die ganze Welt gegen Israel ist!

     

    Man kann aber nicht erwarten, dass der Menschenrechtsrat der UN kompetent ist, da ein großteil der Mitglieder aus islamischen Ländern stammt, in denen Menschenrecht faktisch nicht existieren.

  • G
    Gabriel

    Die antiisraelische Haltung der Abschlußerklärung von Durban 1 ist nur katastophaler ein Aspekt, der leider als einziger in den Medien diskutiert wird. Noch schlimmer ist das darin festgeschriebene Verbot, den Islam mit allen seinen Auswüchsen zu kritisieren und de facto die Sharia zum islamischen Menschenrecht zu erklären. Wer das übersieht, führt Europa und die Welt in eine schlimme Sackgasse, an deren Ende die Aufgabe westlicher Prinzipien der Menschenrechte steht. Es ist ein Zivilisationskampf, den die islamischen Staaten unter dem Etikett der Menschenrechte gegen den Westen führen und es besteht die Gefahr, dass sie ihn, zumindest propagandistisch, gewinnen. Zu stark ist das westliche Interesse an Harmonie und Beschwichtigung.

  • H
    Hans

    Sollen wir jetzt jede Konferenz der UN boykottieren bei der möglicherweise jemand etwas schlimmes über Israel sagen könnte?

    Es wäre sehr wünschenswert, dass die Journalisten zwischen Anti Israelischen und Anti Semitischen Äußerungen differenzieren. Nach den Verbrechen im Gaza Krieg ist Kritik an Israel durchaus angebracht - das ist kein Anti Semitismus!

  • D
    Demokratie

    Die Geschicht hat gezeigt, das alle Leugner vom Holocaust früher oder später wieder verschwinden. Ahmadinetschad ist ein kleiner dummer, unwissender Bub.Peinlich für alle Iraner so einen Präsidenten zu haben.

  • N
    Nein!

    Wie bitte? Wir boykottieren eine Konferenz der Vereinten Nationen nur weil befürchtet wird, dass Israel dort völlig zurecht wegen Menschenrechtsverletzungen kritisiert werden könnte?