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EU-weite VerkehrsdatenbankKeine Gefahr für Autosünder

Eine neue EU-Richtlinie zur Ahndung von Verkehrsdelikten wirkt eher zahnlos. Die ursprüngliche Version wurde deutlich verwässert. Kritik äußern nicht nur die Grünen und der ADAC.

Mailand: Ein italienischer Knöllchenverteiler bei der Arbeit. Bild: imago/Milestone Media

STRASSBURG/BRÜSSEL afp/dpa/dapd | Das Europaparlament stimmte am Mittwoch in Straßburg für die Versendung von Strafzetteln über die Grenzen hinweg. Raser und Verkehrsrowdys können demnächst über einen EU-weiten zentralen Datenaustausch ausfindig gemacht werden. Dazu soll die zentrale Datenbank "Eucaris" geschaffen werden.

Das Land, in dem der Verkehrssünder aufgefallen ist, kann dann auf Anfrage den entsrechenden Bußgeldbescheid weiterleiten. Die Neuregelung gilt nur für bestimmte Verkehrsdelikte - etwa Geschwindigkeitsüberschreitungen, Alkohol und Drogen am Steuer, das Nichtanlegen des Sicherheitsgurts, Telefonieren mit Handy am Steuer oder das Überfahren einer roten Ampel.

Die ursprünglich geplante Möglichkeit eines grenzüberschreitenden Mahnverfahrens wurde allerdings vorab vom Ministerrat aus der Vorlage gestrichen. Damit bleibt die Durchsetzung eines Mahnbescheids freiwillig und hängt weitgehend von den Entscheidungen der betroffenen Länder ab.

Der Ministerrat muss die Richtlinie noch absegnen. Der Rat, in dem die 27 EU-Staaten vertreten sind, habe den ursprünglichen Text verwässert, bedauerte die Berichterstatterin, die spanische Sozialistin Inés Ayala Sender. Damit beschränke sich die Neuregelung nun auf einen Datenaustausch zwischen den Mitgliedsländern. Zudem haben diese zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Weiter abgeschwächt wird die Richtlinie durch Irland, Großbritannien und Dänemark.

Abschreckender Effekt

"Freifahrt für Raser", nennt deshalb der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Michael Cramer, die neue Bestimmung. "Von den vollmundigen Ankündigungen bleibt in der Realität nicht mehr als ein bloßer Informationsaustausch übrig." Er betonte weiter, dass sich vor allem "die Bundesregierung gegen eine effektive Strafverfolgung gewehrt" habe, da die über den Datenaustausch mögliche Halterhaftung gegen die deutsche Verfassung verstoße.

Kritik kommt auch von der SPD im Europaparlament und dem ADAC. So läuft die Regelung nach Einschätzung des Autoclubs bei Trunkenheit am Steuer ins Leere, weil die Polizei alkoholisierte Fahrer direkt fassen muss, um Beweise zu erheben.

Die Höhe der anvisierten Strafen entsprechen den Vorschriften des Landes, in dem die Verkehrsverstöße begangen wurden. Für deutsche Autofahrer könnte das teuer werden, denn im Ausland sind die Strafen oft deutlich höher als hierzulande. Um Datenschutzbestimmungen einzuhalten, sollen alle übermittelten persönlichen Daten nach Abschluss des Verfahrens gelöscht werden.

Theoretisch können Falschparker und Raser bereits heute zur Zahlung von Strafzetteln aus anderen EU-Ländern gezwungen werden - sofern das Bußgeld mindestens 70 Euro beträgt. Bisher werden jedoch nur selten über EU-Grenzen hinweg Knöllchen versandt, weil der Aufwand für ausländische Behörden zu groß ist. Spätestens ab 2013 sollen sie dank der Neuregelung den betroffenen Fahrer zumindest leichter aufspüren können.

"Wir wissen, dass ausländische Fahrer drei Mal häufiger gegen die Regeln verstoßen als einheimische Fahrer", sagte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas. "Die neuen Regeln sollten nun einen abschreckenden Effekt haben und das Verhalten ändern." Ob das mit der neuen Richtlinie funktioniert ist, scheint aber eher unwahrscheinlich.

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3 Kommentare

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  • AI
    Alle In Knast

    Glücklicherweise gibt es Kameraüberwachung, Tüv und Flensburg. So können nach der Revolution ALLE Autofahrer in Nürnberg vor's Tribunal gestellt werden.

    Das ist so ähnlich wie mit den Handies: Wer sich ständig neue kauft, ist definitiv Kriegsverbrecher.

  • R
    reblek

    "... das Überfahren einer roten Ampel." - Dieses Kunststück wird immer wieder als möglich behauptet, aber wer sich daran versucht hat, musste das benutzte Auto abschreiben und landete in der Regel im Krankenhaus. Deshalb begnügen sich fast alle Verkehrsteilnehmer(innen) damit, bei "Rot" über eine Kreuzung zu fahren.

  • LS
    Luis Sastre

    Ja, da verstehen sich die europäischen Behörden schon... Wir haben keine europäischen Normen für sozialen Schutz, Mindestlöhne oder Kampf gegen Korruption. Aber um uns grenzübergreifend mit Bußgeldern zu schröpfen, schon.

     

    Macht Euch nichts vor, das geht nicht gegen Raser und Bösewichte, das zielt präzise auf Deinen und meinen, auf unser aller Geldbeutel.

     

    Ich wohne in Spanien und bei uns machen die Behörden eine Kunst daraus, den armen Autofahrer mit allen möglichen Tücken zu überlisten, damit er möglichst in die Falle geht, und davon gibt es viele. Das hat mit Sicherheit nur mehr sehr wenig zu tun. Da können die Deutschen dann staunen, wenn sie nächstes Mal wieder nach Spanien in die Ferien fahren. Parkzettel in Madrid beginnen übrigens bei 90 € (45 wenn man nur die Zeit überzieht), steigen dann auf 150 € und wenn der Beamte (es sind nicht einmal Polizisten) annimmt, man könnte den Verkehr stören, 300 €. Der Mindestlohn dagegen liegt bei uns knapp über 600 €. Damit kann man auch bei uns nicht leben, aber das stört weder unsere Politiker, noch anscheinend, die EU.