EU beziffert erstmals Klimahilfe: Klimawandel billig abzugeben
Die EU-Kommission schlägt jährlich 15 Milliarden Euro als Beitrag Europas zu den Kosten des Klimawandels vor. Die Kritiker halten dies für deutlich zu niedrig und sprechen von einem "negativen Signal".
BRÜSSEL/BERLIN taz/dpa Drei Monate vor dem Weltklimagipfel in Kopenhagen hat die Europäische Kommission erstmals konkrete Zahlen für einen Beitrag zum Klimawandel genannt. Dies war bislang einer der umstrittensten Punkte in den laufenden Verhandlungen. Im Zuge des geplanten Weltklimaabkommens soll die Europäische Union nach dem Willen der Kommission bis zu 15 Milliarden Euro jährlich zahlen. Das geht aus einem Entwurf hervor, den die Behörde am Donnerstag vorstellt und der der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt.
Insgesamt schätzt die Kommission, dass der Finanzbedarf für entsprechende Projekte in der Dritten Welt bis 2020 auf gut 100 Milliarden Euro jährlich steigen wird, was von allen Industrie- und auch von großen Schwellenländern zusammen geleistet werden müsste. Die Entwicklungsländer forderten in den bisherigen Verhandlungen stets konkrete Zahlen, bevor sie ihrerseits Zusagen für Treibhausgasreduktionen machen.
Das jetzige Papier ist allerdings nur ein Vorschlag der Kommission. Im Oktober werden sich dann die verschiedenen Fachminister damit auseinandersetzen. Die EU-Staats- und Regierungschefs werden sich dann auf ihrem Gipfeltreffen am 29. und 30. Oktober mit dem Vorschlag befassen.
Die Umweltschutzorganisation BUND begrüßt zwar, dass nun erstmals konkrete Zahlen im Raum stehen, bewertet sie aber als zu niedrig. "Unserer Meinung nach muss die EU jährlich mindestens 35 Milliarden bezahlen. Der Betrag jetzt liegt entscheidend darunter", sagte EU-Expertin Sonja Meister der taz. Klimaexperte Sven Harmeling von der Nord-Süd-Initiative Germanwatch warnt vor negativen Signalen, die eine zu niedrig angesetzte Zahl aussenden könnte: "Ich sehe schon die Gefahr, dass dies nach hingen losgehen könnte, weil die Zahlen am unteren Ende dessen liegen, was derzeit in der Diskussion ist."
Das Kopenhagener Abkommen soll der Kommission zufolge einen nach Branchen gegliederten internationalen Kohlenstoffmarkt ("Emissionshandelssystem") schaffen, etwa für die Schifffahrt. Darüber könnten bis 2020 bis zu 38 Milliarden Euro jährlich fließen. 22 bis 50 Milliarden Euro sollten von der öffentlichen Hand kommen und sowohl von allen Industrie- als auch den großen Schwellenländern gezahlt werden. Der internationale Verteilungsschlüssel solle eine Mischung aus der Zahlungsfähigkeit eines Landes und dem jeweiligen CO2-Ausstoß sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?