EU bekommt keine neuen Gentech-Regeln: Gentechfreie Region nur freiwillig
Die Umweltminister der EU sind gegen Änderungen bei den Genehmigungsverfahren für Gentech-Pflanzen. Auch künftig kann die EU-Kommission alles durchwinken.
BERLIN taz | Bei der Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen wird es in der EU vorerst keine grundsätzlichen Änderungen geben. Entgegen den Erwartungen haben die Umweltminister der EU Donnerstagabend beschlossen, dass die bestehenden Gentech-Regelungen unangetastet bleiben. Noch vor wenigen Monaten hatte Frankreich weit reichende Änderungen angekündigt.Doch auch künftig werden etwa die wirtschaftlichen Folgen von Gentech-Pflanzen im Genehmigungsverfahren nicht berücksichtigt.
Gefordert wird in der Entschließung der Umweltminister, dass möglichst schnell Grenzwerte für Gentech-Verunreinungen des Saatgutes beschlossen werden. Es wurde zwar kein konkreter Grenzwert genannt, der Wunsch nach einer "praktikablen" Lösung, wird jedoch von Umweltverbänden kritisiert. "Save our Seeds" etwa befürchtet, dass so der Weg für eine legale, schleichende Kontaminierung des Saatgutes geebnet wird.
Die verfahrene Situation, dass bei Zulassungsverfahren die EU-Mitgliedsstaaten seit Jahren schon keine qualifizierte Mehrheiten zustande bekommen - weder für noch gegen einen Antrag -, führt dazu, dass regelmäßig die EU-Kommission alleine entscheidet. Und die "winkt fast alles durch", erläutert die Grüne Europaabgeordnete Hiltrud Breyer. Sie begrüßt zwar, dass die Umweltminister sich für verbesserte Zulassungsverfahren ausgesprochen haben. So soll etwa die stark in der Kritik stehende EU-Lebensmittelbehörde EFSA künftig die Rsikosanalysen der einzelnen Mitgliedsstaaten stärker berücksichtigen.
Breyer sieht aber vor allem die EU-Kommission selbst in der Verantwortung: "Sie hat sich bisher hinter den Gutachten der EFSA versteckt und im Endeffekt die Entscheidungsgewalt auf die Lebensmittelbehörde übertragen, obwohl dies nach den EU-Vorschriften nicht möglich ist". In einer von ihr in Auftrag gegebenen und jetzt veröffentlichten Studie "Risikobewertung und -management von Lebensmitteln" hat sie den "Schlingerkurs" und die Versäumnisse der EU-Kommission untersuchen lassen.
Auch von der noch vom Landwirtschaftminister Horst Seehofer (CSU) angkündigten Initative, gentechnikfreie Regionen in Brüssel auf eine gesetzliche Basis zu stellen, ist letzendlich nicht viel übrig geblieben. Diese Forderung wurde auch von seiner Nachfolgerin, Ilse Aigner (CSU), unterstützt. In der Brüsseler Entschließung heißt es dazu nur noch, die regionalen Besonderheiten sollen stärker berücksichtigt werden.
Gentechnikfreie Regionen können somit weiterhin nur auf freiwilliger Basis eingerichtet werden. Im Bundestag lehnten die Politiker der Regierungsparteien am Donnerstag sogar einen Antrag der Grünen ab, wonach die europäischen Regionen selbst entscheiden sollen, ob sie Gentech-Pflanzen anbauen oder gentechnikfrei bleiben wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestagswahl
Sollten wir strategisch wählen?
Talkshowgast Alice Weidel
Rhetorisches Rollkommando
Hilfe bei der Wahlentscheidung
Darum ist der „Real-O-Mat“ besser als der „Wahl-O-Mat“
Debatte um Berufsverbot in Bayern
Rechts außen klappt’s mit der Schule
Forscherin über Demos gegen rechts
„Das ist kein kurzer Empörungsmoment“
Energieversorgung in Deutschland
Danke, Ampel!