EU-Zölle auf Industrieprodukte: Ärger über Altmaiers Alleingang
Der CDU-Minister verspricht den USA den Abbau aller Industriezölle. Das kommt zur Unzeit. Brüssel reagiert verschnupft, Washington erhöht den Druck.
Es kann’s nicht lassen: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat sich erneut in die Pose des EU-Handelskommissars geworfen und den USA den Abbau aller Industrie- und Autozölle angeboten. Sowohl in Brüssel als auch in Washington fallen die Antworten kühl aus.
Deutschland und die EU seien bereit, die umstrittenen Autozölle auf null zu senken, sagte Altmaier der Welt am Sonntag. „Damit wäre auch der Vorwurf ausgeräumt, dass amerikanische Autozölle niedriger als europäische seien.“ Bisher verlangen die USA für europäische Autos 2,5 Prozent Einfuhrzoll. Die EU kassiert 10 Prozent. Präsident Donald Trump hat deshalb mit Strafzöllen von bis zu 25 Prozent gedroht. Sie würden vor allem Deutschland treffen, den größten Exporteur der EU. Deshalb reist Altmaier regelmäßig nach Washington, um den Streit zu entschärfen und EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström zu unterstützen. Diesmal ist er wohl zu weit gegangen.
Altmaiers Angebot sei weder neu noch hilfreich, hieß es in Brüsseler Verhandlungskreisen. Die Amerikaner hätten nämlich kein gesteigertes Interesse an einer Senkung der Zölle auf null. Sie befürchteten, dass dann erst recht deutsche Autos auf den US-Markt kämen. Dies hätten die Verhandlungen gezeigt, die seit einigen Wochen laufen.
Tatsächlich schleppen sich die Gespräche dahin. Die USA haben gleich zu Beginn gefordert, auch die Agrarpolitik einzubeziehen. Doch dies ist in dem Verhandlungsmandat, das die 28 EU-Staaten der EU-Kommission erteilt haben, nicht vorgesehen. Vor allem Frankreich sträubt sich dagegen, mit den USA über ein „TTIP light“ zu sprechen.
USA hoffen auf Neustart
Zuletzt haben die Amerikaner den Druck jedoch wieder erhöht. Nach der Wahl von Ursula von der Leyen zur neuen Kommissionschefin hoffe er auf einen Neustart der Handelsgespräche, erklärte der US-Botschafter für die EU, Gordon Sondland. Dabei müsse die Landwirtschaft einbezogen werden, sagte Sondland dem Portal Politico. „Zunächst muss es kein großes Ding sein“, so Trumps Mann in Brüssel, „aber die Tür muss aufgestoßen werden.“ Sonst habe der Deal keine Chance, im US-Kongress angenommen zu werden.
Zugleich drohte Sondland der EU und Frankreich mit Sanktionen. Die USA könnten Maßnahmen mit „sofortigen finanziellen Konsequenzen“ ergreifen, sagte er. Neben Autozöllen haben die USA auch Sanktionen gegen die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2 sowie Vergeltung für die geplante französische Internetsteuer angedroht. Die EU versucht die Lage zu beruhigen, indem sie den Amerikanern immer weiter entgegenkommt. So gab die EU-Kommission kürzlich bekannt, dass der Weg zur gegenseitigen Anerkennung von Arzneimitteln frei sei.
Zuvor hatte Brüssel die Einfuhr von Sojabohnen aus den USA erleichtert und den Import von Flüssigerdgas – auch bekannt als Frackinggas – massiv gefördert. Diese Hilfen sind Teil eines Deals, den der scheidende Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vor einem Jahr mit Trump ausgehandelt hatte. Er bindet vor allem die Europäer. Die damit verbundene Hoffnung, dass die USA auch die einseitig verhängten Sonderzölle auf Stahl und Aluminium aufheben würden, hat sich jedoch nicht erfüllt. Auch deshalb sorgen Altmaiers Alleingänge für Ärger – und nicht für Entspannung, wie der Minister gern behauptet.
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