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EU-Unterhändler über die VerhandlungenNeuer Ärger um Brexit

Michel Barnier lästert über die Briten. Noch immer gebe es keinen klaren Plan. In London ist man verärgert über die „unhöfliche Sprache“.

Hier noch ganz freundlich: David Davis (r.) und Michel Barnier Foto: reuters

Brüssel taz | Eine gütliche Trennung soll es werden. Doch nun sorgt die Scheidung zwischen Großbritannien und der EU für neuen Streit. Die Briten fühlen sich von den Europäern unfair behandelt, die Europäer vermissen eine klare Ansage aus London. Auch längst abgehakte Themen wie die Nordirland-Frage oder die Rechte der EU-Bürger kochen wieder hoch.

Großbritannien habe immer noch keine Vision der künftigen Beziehungen vorgelegt, sagte EU-Chefunterhändler Michel Barnier am Freitag nach dem Ende der jüngsten Brexit-Verhandlungsrunde in Brüssel. Es bestünden weiter große Meinungsverschiedenheiten darüber, wie die Übergangsperiode aussehen solle, nachdem die Briten die EU am 29. März 2019 verlassen werden.

Unklar ist vor allem, ob Großbritannien nach dem Ende des Übergangs am 31. 12. 2020 vollständig aus dem Binnenmarkt und der Zollunion mit der EU ausscheidet. Die britische Premierministerin Theresa May hat sich noch nicht festgelegt. Damit hängen aber auch Irland und Nordirland in der Luft – die Iren warten dringend auf Klärung aus London.

„Der Übergang ist nicht gesichert“, warnte Barnier. Da May und ihr Brexit-Minister David Davis nicht liefern, hat die EU eine eigene, konfliktträchtige Interpretation der Übergangsphase geliefert. Demnach soll Nordirland auch nach dem Brexit im Binnenmarkt bleiben, und die EU-Bürger auf der Insel sollen weiter alle Rechte genießen.

Wirbel um Strafmechanismus

Aus seiner Sicht sei das nur logisch, so Barnier. Als normal bezeichnete er es auch, dass Brüssel Strafen für den Fall plant, dass die Briten sich während des Übergangs nicht an die EU-Regeln halten. Die sonst übliche Klage vor dem EU-Gericht dauere zu lange, so Barnier, deshalb brauche man einen anderen Mechanismus. Er läuft darauf hinaus, den Zugang zum Binnenmarkt zu begrenzen.

Doch in London sorgt dieser Plan für erheblichen Wirbel. „Ich glaube, es ist nicht im guten Willen geschehen, ein Dokument mit offensichtlich unhöflicher Sprache zu veröffentlichen“, beklagte sich Brexit-Minister Davis, nachdem der EU-Entwurf mit dem Strafmechanismus bekannt geworden war. Dahinter stecke böse Absicht, vermutet Davis.

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4 Kommentare

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  • Den Brexit wird es eh nie geben. In der nächsten Volksabstimmung wird es eine klare Mehrheit für "Stay" geben. Und die Briten haben sich für Jahre zum Dummkopf Europas gemacht.

     

    Nicht stört es nicht. Mein Real Estate in Frankfurt hat viel Wert gewonnen.

  • Die Briten haben die Rest-EU seit JAHRZEHNTEN erpresst (ich habe noch sehr gut das Gewinsel von Frau Thatcher im Ohr: "I want my money back"), beschimpfen die EU-Kommission in übelster Weise, fordern alle Vorteile der EU-Mitgliedschaft ohne die daraus resultierenden Verpflichtungen einhalten zu wollen und bejammern jetzt die unhöfliche Sprache der europäischen Brexit-Verhandler? Es wird höchste Zeit, dass diese arroganten Schnösel aus der EU verschwinden!

  • langsam kapieren die Briten das sie die Bittsteller sind, und das niemand ihre Steuerhinterziehungsmaschine London braucht...

  • Ich bin Brite und ich sage leidenschaftlich, dass das Vereinigte Königreich nicht von der EU unfair behandelt wird, sondern behandelt unsere Regierung die EU unfair, indem sie keine feste Pläne für die Verhandlungen hat. Was noch schlimmer ist, hat die Regierung auch keine Idee, welche Verhandlungsposition sie übernehmen sollte. Die Regierung unter Cameron hat sich so überzeugt, dass die Wahl am 23.06.16 das Bleiben befürworten würde, dass es keinen Plan für die Alternative gab. Deswegen haben wir die peinliche Lage unter Theresa May, deren Regierung aus dem Leim geht und als Folge davon können wir nicht die größte Entscheidung einer Generation ernst abschließen, da mein Land und seine Leiterin ein Gespött sind. Die Wahl war vor 18 Monaten und die britische Regierung kann sich nur über „unhöfliche Sprache“ beschweren, statt an ernsten Verhandlungen über die Zukunft des Landes und Europas teilzunehmen. Bisher ist der Brexit eine komplette Katastrophe geworden und es verblüfft mich, dass die Brexitbefürworter noch versuchen, diese schlechte Lage im Namen von Souveränität oder was zu rechtfertigen. Runter mit dem Brexit!