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EU-Richtlinie behindert NaturkosmetikVerdrängte Öko-Sonnenmilch

Wegen neuer EU-Vorgaben nehmen Weleda und Dr. Hauschka ihre Cremes mit mineralischem UV-Filter vom Markt. Der Standard sei nicht zu erfüllen. Eine Finte der Chemielobby?

Mineralien für die Nase werden knapp. Bild: photocase

BERLIN taz | Wer diesen Sommer seine geliebte Weleda-Edelweiß- oder Dr. Hauschka-Sonnencreme im Laden sucht, wird enttäuscht: Mehrere Naturkosmetik-Hersteller haben die Produktion ihrer Sonnencreme eingestellt. Grund ist eine EU-Empfehlung aus dem Jahr 2006, die neue Anforderungen an den UVA-Schutz der Cremes stellt.

Sonnencremes filtern einerseits die Sonnenbrand und Krebs auslösenden UVB-Strahlen. Diese Schutzwirkung wird im Lichtschutzfaktor angegeben. Andererseits werden auch UVA-Strahlen gefiltert, die zu Hautalterung führen und ebenfalls Krebs auslösen können. Bisher genügte es, dass eine Sonnencreme 90 Prozent der UVA-Strahlen blockt - unabhängig vom Lichtschutzfaktor. Nun empfiehlt die EU, dass mit steigendem Lichtschutzfaktor auch der UVA-Schutz steigt.

Diese Empfehlung ist nun zum Wettbewerbsnachteil für Naturkosmetik-Hersteller geworden. Denn diese verwenden in ihren Cremes nur physikalische UV-Filter, das heißt mineralische Pigmente wie Zinkoxid und Titanoxid. Ein UVA-Schutz wie von der EU empfohlen sei damit "für die handelsüblichen Cremes mit ausreichendem Lichtschutzfaktor nach dem aktuellen Stand der Technik nicht möglich", heißt es in einer Stellungnahme von Weleda. Daher habe man sich entschieden, die Produkte vom Markt zu nehmen. Dasselbe gilt für Santaverde und Martina Gebhardt.

Allerdings ist eine europäische Empfehlung nicht bindend. Darum sind Sonnencremes von Lavera, Eco Cosmetics und Santé immer noch erhältlich - nach dem alten Standard. Und bei Eco Cosmetics bastelt man schon an einer EU-konformen Creme. "Man braucht mehr Pigmente und Emulgatoren. Die Herstellungskosten für eine Creme steigen damit immens" sagt Geschäftsführer Dieter Sorge. "Das ist je nach gewünschter Gewinnmarge für einige Hersteller nicht mehr lukrativ."

Ob die konventionellen Hersteller von Sonnencreme die Neuregelung anstießen, um ihre Konkurrenz aus dem Markt zu drängen? Bei Weleda will man sich dazu nicht äußern. Eco-Cosmetics-Mann Sorge meint aber: "Die Lobby der chemischen Produkte ist in der Sache schon vehement vorgegangen." Andere können das nicht bestätigen.

"Die Empfehlung ist im Sinne des Verbrauchers", sagt Axel Singhofen von den Europa-Grünen. "Darum ist es bedauerlich, dass verschiedene Naturkosmetik-Hersteller diesen Anforderungen scheinbar nicht genügen." Und auch der Hautspezialist Hans Christian Korting von der Universität München begrüßt im Grundsatz die EU-Empfehlung als wichtigen Schritt, um Hautschäden besser vorzubeugen.

Herkömmliche Sonnenmilch wird mit chemischen Filtern hergestellt, die bei manchen Menschen allergische Reaktionen provozieren und im Verdacht stehen, die kindliche Entwicklung und die Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinflussen. Dem Verbraucher bleibt nun für diesen Sommer die Qual der Wahl: Entweder auf die wenigen verbleibenden Cremes der Naturkosmetik-Anbieter setzen, und damit einen geringeren Hautkrebsschutz in Kauf nehmen oder das Risiko der chemischen Filter eingehen.

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10 Kommentare

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  • SK
    Sabine Kästner

    Liebe Taz Redaktion, schade, dass Sie für Ihren Artikel nicht ausreichend recherchiert haben und somit unrichtige Sachverhalte abgedruckt haben. Sie schreiben, dass "Naturkosmetik Sonnenmilch wegen einer EU-Vorgabe vom Markt verschwindet und behaupten weiterhin, dass die lavera Sun sensitiv Sonnenmilch noch dem alten Standard entspräche". Es ist richtig, dass sich einige Hersteller vom Markt zurückgezogen haben. Aber: lavera Naturkosmetik ist mit dem System Sun sensitiv und insgesamt 7 Sonnenschutzprodukten einer der wenigen Naturkosmetikhersteller, die 100% mineralischen Sonnenschutz nach den neuen Vorgaben der EU in 27 Ländern weltweit anbieten. Die natürliche Sonnenschutzalternative ist somit nach wie vor auch mit 100% mineralischen Lichtschutzfiltern möglich.

  • T
    Trixie

    Konventionelle Sonnencremeprodukte werden von Naturkosmetikkunden aus zwei Gründen abgelehnt:

    1. enthalten sie Erdölprodukte und eine Vielzahl von sythetischen Parfüm- und Konservierungsstoffen, die gerade bei empfindlicher Haut zu Irritationen führen können. In der Regel sind diese Stoffe schlechter in der Natur abbaubar und können auch attraktiv schillernde Schlieren auf deinem Lieblingsbadesee bilden.

    2. wird der Sonnenschutz durch hormonähnlich wirkende Stoffe erreicht, die zunächst in die Haut eindringen, um sich dort binnen rd 20-30min zu verändern- deswegen sollte nach dem Eincremen mit diesen Produkten eben eine halbe Stunde gewartet werden, ehe gesonnt wird.

    Diese Stoffe stehen im Verdacht, besonders bei Kindern auf die hormonelle Entwicklung Einfluss zu nehmen, ähnlich wie auch Weichmacher in Kunstoffen.

     

     

    Die Grösse der in Naturkosmetik verwendeten Zink-, Titan- und gelegentlich auch Aluminiumoxide bewegt sich zwar im Nanobereich, diese Moleküle sind jedoch immer noch wesentlich(mind. 1000mal) grösser als die in der Kritik stehenden Nanomoleküle.

     

    Die im Sonnenschutz verwendeten Nanomoleküle dringen nicht in die Haut ein, sondern liegen darauf.

     

    Bei Foodnanomolekülen ist hingegen noch nicht ausreichend erforscht, ob sie zum Beispiel die Blut-Hirnschranke durchdringen können.

    Auch sind die Eigenschaften dieser Nanomoleküle vom

    Herkunftsstoff so grundlegend verschieden, daß meines Erachtens auch eine Zulassung als Lebensmittel neu erteilt werden müsste.

  • EL
    Erwin Lindemann

    Wie haben das eigentlich die Menschen "früher", also so vor 20 Jahren als Lichtschutzfaktor 4 schon gut war nur überlebt? Oder gar noch weiter früher, als die Menschen den ganzen Tag in der Sonne gearbeitet hatten, ohne mit 40 an Hautkrebs gestorben zu sein? Mit was hatte man sich damals eingerieben? Abgesehen davon, dass es stupide ist, bei 50 Wochen im Büro sich dann für 2 Wochen mit weißer Haut auf Malle in die Sonne zu setzen.

  • KS
    Karl-Michael Schindler

    Leider ist die Diskussion dieses Themas auf einem Niveau, dass es zum Himmel schreit. So weit ich das nachvollziehen kann, ist es wohl so, dass die Sonnenschutzmittel auf der Basis von Titandioxid und Zinkoxid ein geringeres Allergierisiko haben als die, bei denen Moleküle das UV-Licht absorbieren. Wieso die letzteren ein höheres Allergierisiko haben, ist nach meinem Wissenstand nicht bekannt und die Erklärung, dass es daran liegt, dass die einen physikalische, mineralische und die anderen chemische UV-Filter sind, ist einfach blanker Unsinn. Weder aus der Herstellung noch aus der Absorption von UV-Licht lässt sich eine solche Unterscheidung ableiten. Die Herstellung der so genannten mineralischen, physikalischen UV-Filter ist ebenfalls ein chemischer Prozess oder haben schon alle die Aktionen zur Dünnsäureverklappung im Zuge der Aufarbeitung von Titandioxid für Wandfarbe vergessen? Wurden überhaupt schon Ökobilanzen der verschiedenen Sonnenschutzmittel erstellt. Bei der Gelegenheit sollte man vielleicht noch erwähnen, dass die Pigmente für die UV-Filter Abmessungen im Bereich von Nanometern haben, weil ja kein Mensch so aussehen will, wie wenn er mit weißer Wandfarbe eingestrichen wäre. War es nicht so, dass die Nanoteilchen ja das totale Machwerk des Teufels sind. Oder habe ich jetzt was falsch verstanden :-) Kann doch gar nicht sein, dass die organischen UV-Filter Allergien auslösen, das sieht man doch auch gleich am Namen oder etwa doch? Verwirrt? Gut.

     

    Will man also beurteilen, ob da eine Chemielobby oder eine Ökolobby dem Verbraucher das Geld aus der Tasche ziehen will, liefert die bisherige Diskussion nur Scheinargumente, weil sie vor allem auf Assoziationen basiert, die mit den einfachsten Sachverhalten schon nichts mehr zu tun hat. Stichhaltiges sieht anders aus.

     

    Das beste ist wohl, man bleibt aus der Sonne. Ansonsten bleibt, vereinfacht gesagt, die Wahl zwischen Allergie und Krebs. Jeder hätte es wohl gerne anders, aber vor dem Hintergrund hätte ein Entscheidungsfindung durch Würfeln den Vorteil, dass es schnell geht und die Verantwortung dafür, etwas falsch zu machen, kleiner ist.

     

    (Wer Tippfehler und Ironie findet, darf das getrost für sich behalten)

  • IN
    Ihr Name name

    weleda und wala sind elber chemie lobby mit sektenartigen strukturen.

     

    mit ganz viel germanischem muell rassistischentendenzen humbug und versprechungen die oft sehr rechts sind.

     

    autonomie statt anthro fachismus

     

    manchmal ist der neoliberalismus schon richtig groovy wenn er die rechten sektenheinzinnen in den arsch beisst.

     

    dank an adam smith denn gewinner der krise

  • NJ
    navajo joe

    @ Maerz: meine volle zustimmung zu der polemik gegen manche "ökos", aber mir scheinen Sie wie auch die beiden vorheringe Kommentierenden hier den Artikel mit starken Vorurteilen gelesen zu haben!

     

    Die Befürworter der Neuregelung, z. B. ein Abgeordneter der European Greens , werden doch keineswegs polemisch oder verzerrt dargestellt, sondern ihre Argumente bekommen sachlich neutral ausgewogenen Raum, finde ich.

     

    @ denninger: Sie sind es hier wohl eher, der pauschal, stereotyp und mit Vorurteilen alles mögliche in eine Topf wirft, gegen das die taz angeblich ist. Weil sie gegen Atomenergie ist, soll sie auch gegen chemische Cremes sein. Na so ein Blödsinn. Bitte projezieren Sie Ihre Neigung zu Stereotypen etwas weniger auf andere! Danke!

  • J
    Julius

    Ruuuuhig, brauner!

     

    Was ist denn das für eine Gleichmacherei? Biokosmetikfirmen=Rudolf Steiner- Kram, son Quatsch.

     

    Biokosmetik = Esoterik, hübsche Gleichung… Bleibt aber doch nur Rhetorik und Unterstellung undifferenziertester Art.

     

    Tja, und wenn manche Produkte weniger Schutz bieten als andere, so kann dies gekennzeichnet werden. Mit welcher Berechtigung soll das verhindert werden? Auch die LSF 20-Produkte werden gekauft, obwohl es doch höhere gibt! Und es gibt heutzutage in der Tat doch ein ganzes Häuflein an mündigen Bürger/innen, die selbst zu entscheiden in der Lage sind, was sie benötigen.

     

    Für Allergiker bedeutet dies: Ab nachhaus, ab in den Schatten, und auch da gibts ohne die chemisch wirkenden Produkte gibts nach einiger Zeit nen gehörigen Sonnenbrand.

    Soll das besser sein, als nur 90%iger Schutz? Der auch bei chemischen Sonnencremes erst bei LSF 50 erzielt wird?

     

    Zitat:

    "›Öko-Sonnenmilch kann Eu-Richtlinie für Verbraucherschutz nicht erfüllen‹. Klingt doch gleich ganz anders, oder?"

     

    Ergänze: Ganz prima toller Grund, den Verkauf dieser Produkte zu verunmöglichen. Im Übrigen kommen die verbliebenen Produkte von der Qualität her nicht an die vom Markt gekommenen heran. Bei gutem Wetter bleibt Allergikern nun nur das Imhausbleiben oder das Herumlaufen mit weißen Schlieren…

  • EM
    E. Maerz

    "Nicht alles was sich "öko" schimpft ist automatisch sinn- oder wirkungsvoll - auch wenn man das in der Taz-Redaktion immerwieder geradezu reflexartig glauben will. Manchmal ist die Welt eben nicht so schön sauber in öko=gut, Chemie=schlecht einteilbar."

     

    ...vor allem dann nicht, wenn besagte Firmen ihre geistigen Wurzeln in obskurantistischem Unsinn eines Rudolf Steiner haben und ihre Sälbchen bei Vollmond anrühren.

     

    In der Eso-Szene werden mangels substanzieller Argumente immer Verschwörungstheorien

    bemüht, wenn es darum geht, Unsinn schönzureden. Dass die Taz sich da anbiedert, finde ich

    peinlich.

  • D
    denninger

    Da kann ich der "Sonja Karmann" nur recht geben. Wenn ein Produkte auf Grund ihrer Herstellungsweise weniger Schutz bieten als andere so muss der Verbraucher darüber informiert werden. Aber es muss ja immer eine nebulöse "Chemie"-, "Atom"- oder "Politik"-Lobby für alles verantwortlich sein.

    Objektiv betrachtet muss die Überschrift heißen:

    " Öko-Sonnenmilch kann Eu-Richtlinie für Verbraucherschutz nicht erfüllen". Klingt doch gleich ganz anders, oder?

  • SK
    Sonja Karmann

    Hinter dieser Sache einen üblen Komplott der "Chemie-Lobby" zu vermuten, wirkt dann doch wohl etwas aufgesetzt und an den Haaren herbeigezogen. Nicht alles was sich "öko" schimpft ist automatisch sinn- oder wirkungsvoll - auch wenn man das in der Taz-Redaktion immerwieder geradezu reflexartig glauben will. Manchmal ist die Welt eben nicht so schön sauber in öko=gut, Chemie=schlecht einteilbar.