EU-Rahmenrichtlinie: Industrie blockiert den Bodenschutz

Mit Chemie belastete Böden sollen saniert werden, so plant es die EU-Kommission. Doch die Bundesregierung winkt ab. Dabei hatte sie die Rahmenrichtlinie vor Jahren noch vorgeschlagen.

Laut Umweltminister Gabriel ist die EU für verseuchte Böden nicht zuständig Bild: ap

BERLIN taz Äcker, Industriegebiete, Wälder: Wie sehr Böden mit Schwermetallen, Lösemitteln, Motoröl und anderen Rückständen aus Landwirtschaft und Industrie belastet sind, sollen die EU-Staaten erfassen - und ebenso, wie die Schäden wieder gutgemacht werden können. So plante es die EU-Kommission, und das EU-Parlament stimmte dem Vorschlag zu einer Bodenschutz-Rahmenrichtlinie vor kurzem zu.

Dennoch steht das Vorhaben, Bodenzustandsberichte zu erstellen, vor dem Aus: Am Donnerstag sollten die Umweltminister in Brüssel über den Kommissionsentwurf abstimmen - und der Widerstand einzelner Mitgliedsländer war groß. "Die Erfassung und Sanierung verseuchter Böden ist keine Angelegenheit, die die EU zu interessieren hat", sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Ob sich Deutschland - und mit ihm unter anderem Großbritannien, Frankreich und Österreich - durchsetzte, war bis Redaktionsschluss unklar. Dabei geht die geplante Richtlinie auch auf Initiative der Bundesregierung zurück. Denn in Deutschland sind Schutz und Sanierung von Böden in einem Gesetz aus dem Jahr 1998 geregelt - und ein rechtlich verbindliches Instrument für Bodenschutz sollte nach Vorstellung des Bundesumweltministeriums in ganz Europa installiert werden. Am Donnerstag erklärte Gabriel nun, dass "anders als etwa bei Flüssen" der Boden in der Regel nicht das Land verlasse, in dem er sei. "Wenn es etwas gibt, was zu den Mitgliedstaaten gehört, dann ist es der Boden." Die Kommission sieht das anders: Die Verschlechterung der Bodenqualität in einzelnen EU-Staaten könne "sehr wohl" Folgen für die Nachbarländer haben. Über den Boden könne das Grundwasser verunreinigt werden, aus einem Land weggeschwemmte Erde könne zur Versandung von Flüssen und Dämmen im Nachbarstaat führen, und auf verseuchten Böden gezogene Früchte könnten in ganz Europa in Umlauf gebracht werden.

"Es ist ja nicht so, dass die einzelnen EU-Staaten nichts tun würden", begründet Gabriels Sprecher Thomas Hagbeck die plötzlich ablehnende Haltung aus dem Bundesumweltministerium. Kritik von Umweltschützern, der Minister sei umgekippt, er habe im Ringen um eine einheitliche Position Deutschlands bei Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) klein beigegeben, weist er zurück.

Tatsächlich treten der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) wie auch der Deutsche Bauernverband vehement gegen eine EU-weite Regelung ein: Der Schutz der Böden liege im Eigeninteresse der Landwirte, es handle sich schließlich um deren Produktionsgrundlagen. Der BDI spricht von "erheblichen Belastungen", die durch die Richtlinie auf Betriebe zukommen würden. Zahlen nennt er nicht. Nach deutschem Recht sind umfangreiche Bodenuntersuchungen erst dann erforderlich, wenn ein "begründeter Verdacht" für eine Verschmutzung besteht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.