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■ EU-Monopolwächter setzt sich gegen Bertelsmann und Kirch durchSieg der Politik

Karel van Miert, der Brüsseler Monopolwächter, darf seit gestern als einer der letzten Unbestechlichen der europäischen Ordnungspolitik gelten. Während die deutsche Politik von SPD bis Union im Brüsseler Kartellpoker noch einmal alles aufbot, um die größte deutsche Medienzusammenballung zu retten, die Konzerne Bertelsmann und Kirch bis zur letzten Minute durch Abstriche ihren Fusionsplan durchzudrücken suchten und andere Kommissionsmitglieder durch den Druck der Konzerne weich wurden – da setzte van Miert das Nein der Kommission durch. Endgültig und unwiderruflich.

Er konnte auch gar nicht anders. Denn in Brüssel standen zwei grundverschiedene industriepolitische Konzepte gegeneinander. Zwei Konzepte, wie der digitale Multimediamarkt der Zukunft geordnet werden soll – einer der für die Zukunft wichtigsten Wirtschaftsbereiche. Van Miert will größtmögliche Konkurrenz zwischen allen Beteiligten: Viele verschiedene Kabelanbieter (nicht nur die Telekom, wie heute) sollen dem Publikum vielfältige Fernsehprogramme und Mediendienste anbieten. Bertelsmann, Kirch und die Telekom dagegen wollten einfach alles zusammenwerfen. Diejenigen, denen die Programme gehören, die sie verkaufen und die sie übertragen, sollten die gleichen sein. Mit weitreichenden Folgen für die Zuschauer: Bertelsmann und Kirch hätten entscheiden können, was es künftig noch umsonst zu sehen gibt, was gegen hohe Extragebühren auf den Bildschirm kommt – vielleicht auch, was gar nicht mehr. So, sagten die Konzerne, rechne es sich (für sie) am besten.

An diesem Grundkonflikt sind die Verhandlungen gescheitert, weil van Miert für die gewählte Politik das Recht reklamierte, zu ordnen, wie ein Markt aussehen soll. Für deutsche Deregulierungsideologen, die den Chefetagen der Unternehmen das Ordnen überlassen wollen, ist van Miert damit ein Mann von vorgestern. Der Gang der Dinge wird zeigen, daß der Kommissar von Brüssel mit seinem Ansatz weiter in die Zukunft blickt als sie. Van Miert hat möglicherweise gesichert, daß künftig mehr die Zuschauer als die Konzerne bestimmen, was sie in der Glotze sehen. Und er hat sichergestellt, daß viele Unternehmen an Multimedia Geld verdienen können, nicht nur zwei. Aber die wichtigste Botschaft aus Brüssel lautet, daß die gewählte Politik den Hammer in der Hand behalten kann, nicht die selbsternannten Zukunftspioniere. Hätte der Kommissar nicht nein gesagt, er hätte den Sinn von Politik verneint. Lutz Meier

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