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EU-Maßnahmen gegen PolenVerschärfter Dialog

EU-Kommissar Oettinger überlegt, die neue rechte Regierung in Polen unter Aufsicht zu stellen. Das ist nach EU-Recht möglich, dauert aber.

In Polen protestieren viele Bürger gegen das neue Mediengesetz. Foto: dpa

Brüssel taz | Wochenlang hat die EU-Kommission seelenruhig zugesehen, wie die neue Rechts-Regierung in Polen den Rechtsstaat aushebelt. Nun will sie handeln – oder zumindest über das Handeln reden: Am 13. Januar werde sich die Kommission mit der Lage in Polen befassen, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde. Danach könnte Polen „unter Aufsicht“ gestellt werden, kündigte der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger an.

„Es spricht viel dafür, dass wir jetzt den Rechtsstaatsmechanismus aktivieren und Warschau unter Aufsicht stellen“, sagte der für Medienpolitik zuständige CDU-Politiker der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Dafür werde er sich einsetzen. Auch der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber (CSU), kritisierte Polens neue Regierung.

Weber warf der polnischen Regierung vor, sie stelle „zentrale europäische Prinzipien und Werte zur Debatte“. Die restriktive Reform des Verfassungsgerichts und der jüngste Eingriff in die Unabhängigkeit der Medien seien höchst problematisch. Auch Oettinger sieht Gefahren für die Pressefreiheit. „Ein Intendant darf nicht ohne Angabe von Gründen entlassen werden. Das wäre Willkür“, bemängelte der EU-Kommissar.

Es ist das erste Mal, dass die Ende 2014 eingesetzte neue EU-Kommission eine nationale Regierung derart deutlich zur Ordnung ruft. Bisher hatte das Team unter Kommissionschef Jean-Claude Juncker jede Einmischung gescheut. So nahm Juncker den umstrittenen Zaunbau in Ungarn, der zu einer Eskalation der Flüchtlingskrise führte, tatenlos hin. Auch die Verstöße des Beitrittskandidaten Türkei gegen EU-Regeln blieben ungeahndet.

Bisher beobachtet man „mit großer Sorge“

Juncker schob einen kritischen Kommissions-Bericht über die Missachtung der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit in der Türkei sogar immer wieder hinaus, um Verhandlungen mit der Regierung über einen „Aktionsplan“ zur Flüchtlingskrise nicht zu gefährden.

Auch in Polen spielte Juncker auf Zeit. Schon vor Weihnachten hatten mehrere Europaabgeordnete gefordert, die EU-Kommission müsse aktiv werden. Doch erst an Heiligabend schickte Junckers Vize Frans Timmermans einen Brandbrief nach Warschau. Man beobachte die Lage mit großer Sorge, hieß es darin – von Konsequenzen war noch keine Rede.

Auch jetzt dürfte sich die EU mit Sanktionen schwer tun. Denn der Rechtsstaats-Mechanismus, auf den sich Oettinger bezieht, ist erst seit einem Jahr in Kraft; er wurde noch nie eingesetzt. Außerdem führt er nicht sofort zu Gegenmaßnahmen.

Erstmal „verstärkter Dialog“

Zunächst ist nur ein verstärkter Dialog vorgesehen. Wenn Polen nicht auf mögliche Änderungswünsche der Kommission reagiert, droht in der zweiten Stufe ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen europäische Grundwerte. Erst ganz am Ende könnte der Entzug von Stimmrechten stehen.

Dieser Entzug müsste jedoch im Ministerrat beschlossen werden - und der wird von Donald Tusk geleitet, der früher selbst einmal Premierminister in Polen war. Hier bahnt sich also ein neuer Konflikt an. Zudem erinnert man sich in Brüssel immer noch mit Schrecken an den Präzedenzfall Österreich.

Auch dort wollte die EU einschreiten, als im Jahr 2000 der Rechtspopulist Jörg Haider in die Regierung einzutreten drohte. Doch viel mehr als eine diplomatische Isolierung fiel den EU-Chefs nicht ein, die Strafe wurde zum Flop. Dies dürfe sich in Polen nicht wiederholen, heißt es nun in Brüssel. Wirklich entschlossen klingt es nicht.

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