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EU-Handelsausschuss lehnt Acta abAbkommen auf der Kippe

Mit 19 gegen 12 Stimmen hat auch der EU-Handelsausschuss das Acta-Abkommen abgelehnt. Das Votum galt als richtungsweisend – und Acta droht nun das Aus.

Selbst im Ausschuss: EU-Abgeordnete mit Protest-Hemden. Bild: dpa

BRÜSSEL afp | Dem umstrittene Urheberrechtsabkommen Acta droht das Aus: Am Donnerstag sprach sich der federführende Handelsausschuss mit 19 gegen zwölf Stimmen gegen eine Ratifizierung des Vertrags aus, der Produktpiraterie unterbinden helfen soll. Zuvor hatten drei andere Ausschüsse das Abkommen abgelehnt. Damit gilt als sicher, dass das Plenum das Vorhaben bei der am 4. Juli geplanten Abstimmung endgültig zu den Akten legen wird. Ohne Zustimmung der EU-Volksvertretung können Verträge mit Drittstaaten nicht in Kraft treten.

Nach der erwarteten Ablehnung im Plenum werde Acta endgültig vom Tisch sein, sagte der SPD-Abgeordnete Bernd Lange. Dann könne bald der Weg für alternative Maßnahmen gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen freigemacht werden. Diese müssten Verletzungen von Grundrechten „unmissverständlich ausschließen“ und zugleich die berechtigten Interessen von Kulturschaffenden berücksichtigen.

Der deutsche Grüne Jan Philipp Albrecht forderte neue Diskussionen über die künftige Durchsetzung von Marken-, Produkt- und Urheberrechten. Diese müssten angesichts der Verbreitungswege im Internet „ohne Scheuklappen“ geführt werden. Notwendig sei eine ehrliche Auseinandersetzung darüber, „welche Rechte wie durchgesetzt werden sollen und können.“

Das von der EU-Kommission ausgehandelte Abkommen soll den Schutz des geistigen Eigentums verbessern, und zwar sowohl in der Realwirtschaft als auch im Internet. Es geht dabei unter anderem um Zollkontrollen, bei denen gefälschte Markenware aus Fernost beschlagnahmt wird. Das Abkommen berührt aber beispielsweise auch illegale Downloads von Musikdateien in einer Tauschbörse im Netz.

Im Extremfall Netzsperren

Kritiker machen geltend, Acta könne die Freiheit im Internet beschneiden. Sie befürchten beispielsweise, dass Internetprovider künftig mit der Musikindustrie kooperieren und im Extremfall bei vermuteten Rechtsverstößen den Anschluss sperren. Ausdrücklich vorgesehen ist dies in dem Vertrag aber nicht. Entwicklungspolitiker kritisieren außerdem, dass das Abkommen den Zugang zu generischen Medikamenten erschweren könnte und teilweise gegen Menschenrechte unvereinbar sei.

Die EU-Kommission hatte das umstrittene Vorhaben vor knapp drei Wochen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zur Prüfung vorgelegt. Sie reagierte damit auf die zahlreichen Proteste in den EU-Ländern. Auch einige Mitgliedsstaaten sowie die Europäische Datenschutzbehörde (EDBS) hatten Bedenken angemeldet.

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2 Kommentare

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  • R
    Reutlinger

    @Bachsau

     

    Naja, oder auch nicht, ich denke wir müssen jetzt mitgestalten und auch unser RECHT auf Mitgestaltung einfordern. Wir leben hier in einer Demokratie, wir Bürger sind der Souverän, nicht die Politiker!

     

    Daher müssen wir dann die Industrie und den Bankensektor Zurückstutzen.

     

    Wichtig ist dass wir jetzt nicht einschlafen und dass wir alles, was sie da in Brüssel treiben genauestens Beobachten und ihnen bei Bedarf wieder auf die Füße treten!

     

    Ebenso sollte man Abgeordnete wie Frau Gallo chassen können, ergo sie vor die Tür setzen! "Da der Bürger mit anderen Digen beschäftigt ist, müssen wir für sie denken!" NEIN DANKE, Frau Gallo!

     

    Wir müssen also die Leute informieren und mobilisieren, damit sie endlich mündige Bürger werden.

     

    Ich habe nichts dagegen, dass man Produktpiraterie, wie sie China geradezu staatlich betreibt verhindert, sofern sie mit den Menschenrechten vereinbar sind. Ich sehe die Umgehung eines Patents für Medikamenten als legitim an, sofern damit Menschenleben gerettet werden können. Denn gerade bei AIDS medikamenten und etlichen anderen sterben täglich menschen, weil die Pharma-industrie auf ihren Patenten beharrt und viele leute z.B. in Afrika sich diese Medikamente nicht leisten können. Bei so etwas muss man sich die Frage stellen, was ist mehr Wert, Geld oder ein Menschenleben? Oder viele Menschenleben? Diese Anwendung eines Patents ist nicht mit den Menschenrechten vereinbar und zumindest moralisch illegal und verwerflich.

    Ein Patent war zum Schutz des Erfinders gedacht, aber immer mit dem Blick aufs Gemeinwohl, daher waren ein Patent, wie ein Urheberrecht ursprünglich Zeitlich deutlich begrenzt. Gegen diesen Grundsatz verstoßen heute viele Patent- und Urheberrechte.

     

    Oder eine Abmahnung der Videokünstler auf Youtube........wenn ich nur überlege wie viele CDs und Platten ich gekauft habe, nachdem ich die Musik auf Youtube gehört habe.......in den letzten Jahren wahren das ca. 80% aller Musik die ich gekauft habe. Ein Video auf Youtube ist keine Raubkopie, es ist kostenlose Werbung, die Damen und Herren in den Verwertungsgesellschaften sollten mal überlegen, was sie sonst bezahlen würden, für diese Qualität und Menge an Werbung, und für diese Öffentlichkeitswirkung.

     

    Man könnte die Position der Verwerter auch so sehen, Kostenloskultur? NEIN DANKE!.......Außer sie NÜTZT UNS!

     

    Ein Patent- und Urheberrechtsschutz mit gesundem Menschenverstand bitte!

     

    Also sollten wir unsere Forderungen formulieren und sie auch bei der EU durchsetzen, indem wir genug Streß machen, bis man uns zuhört und dass was wir das Volk, der Souverän wollen, auch gemacht wird.

  • B
    Bachsau

    > Dann könne bald der Weg für alternative Maßnahmen

    > gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen

    > freigemacht werden.

     

    Mit anderen Worten: Der Wahnsinn geht weiter. Die Vernichtung wirtschaftlicher Werte ("Produktpiraterie"), freiheit und Menschenrechten bekommt einen neuen Namen. Solange bis wir alle aufgeben.