EU-Begleitgesetz: Bundestag will mehr mitbestimmen
Bei den Beratungen zu den EU-Begleitgesetzen zeichnet sich eine sichere Mehrheit ab. Nur die Linke steht bislang abseits.
FREIBURG taz | Eine ganz große Koalition will die Begleitgesetze zum EU-Reformvertrag beschließen. Nur die Linke stand am Mittwoch bei der Beratung im Bundestag abseits. Im Detail ist dank kunterbunter Bündnisse aber noch manches offen.
Anlass für die Sondersitzung war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Juni. Damals wurden Klagen des CSU-Abgeordneten Peter Gauweiler und der Linken gegen den Lissaboner Vertrag abgelehnt. Karlsruhe forderte aber, dass der Bundestag künftig zustimmen muss, wenn ohne Vertragsänderung neue Befugnisse auf die EU übertragen werden.
Diese Vorgaben sollen nun in zwei Begleitgesetzen umgesetzt werden, die von Union, SPD, FDP und Grünen zusammen eingebracht wurden. Die Linke fordert in einem eigenen Gesetzentwurf zusätzlich Volksabstimmungen über wichtige Vertragsänderungen und will das Bundesverfassungsgericht als Oberkontrolleur der EU einsetzen.
Ähnliche Vorstellungen hat die CSU. Sie warb für eine begleitende Resolution. Dort soll ebenfalls die Rolle des Verfassungsgerichts bei der EU-Kontrolle betont werden. Außerdem soll den EU-Partnern mitgeteilt werden, dass der Reformvertrag in Deutschland nur so gelte, wie ihn das Bundesverfassungsgericht interpretiert habe.
Vom Koalitionspartner SPD kam am Mittwoch klarer Widerspruch. "Eine solche Resolution ist entbehrlich, weil sie versucht, europapolitische Zweifel zu säen", sagte ihr Geschäftsführer Thomas Oppermann und erhielt Unterstützung von den Grünen.
Neben den Begleitgesetzen werden noch zwei Gesetze novelliert, die schon seit 1993 bestehen und die Rechte von Bundestag und Bundesrat in der Europapolitik regeln. Sie wurden in den letzten Jahren durch Vereinbarungen mit der Bundesregierung ergänzt, die nun in die Gesetze integriert und damit einklagbar werden.
Die Bundesregierung muss demnach die Verhandlungen in Brüssel unterbrechen und neu mit dem Bundestag sprechen, wenn sie von dessen Stellungnahmen abweichen will. Jerzy Montag (Grüne) und Jörg von Essen (FDP) forderten die Abgeordneten auf, ihre Rechte künftig auch zu nutzen. Die Abgeordneten der Regierungskoalition hätten oft gar kein Interesse, Stellungnahmen zu EU-Vorhaben abzugeben.
Die Grünen forderten außerdem, dass der Bundestag auch im Bereich der EU-Außen- und Sicherheitspolitik voll informiert werden muss. Hier bekamen sie Unterstützung von der Linken. Am 8. September wird der Bundestag über die Gesetze abstimmen.
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