ESA-Sonde Rosetta im Zielflug: Streit um Bilder des Kometen
Raumfahrtfans fordern offene Daten und wünschen sich mehr Bilder von der Rosetta-Mission. Die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) hält diese zurück.
BERLIN taz | In wenigen Tagen wird die Raumsonde Rosetta den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko erreichen. Ein Vorzeigeprojekt für die europäische Raumfahrtagentur ESA. Doch viele Raumfahrtfreunde sind mit der Öffentlichkeitsarbeit der Behörde unzufrieden. In einem offenen Brief fordern sie mehr aktuelle Bilder von der Sonde.
Ursprünglich hatte die ESA geplant, einmal in der Woche ein Bild der Raumsonde im Internet zu veröffentlichen. Teilnehmer des Internetforums raumfahrer.net bezeichnen das als eine „Öffentlichkeitsarbeit aus dem letzten Jahrtausend“. Ins Rollen gebracht hat die Debatte eine versehentliche Veröffentlichung von Bildern auf der Webseite der französischen Raumfahrtagentur CNES. Die Bilder wurden nach kurzer Zeit wieder gelöscht, sie wurden aber bereits im Netz verbreitet.
Ein wenig möchte die ESA jetzt den Raumfahrtfreunden entgegenkommen: Statt einmal wöchentlich soll nun pro Tag ein Bild veröffentlicht werden.
Die Raumfahrtfans verweisen auf die Nasa, die einen deutlich offeneren Umgang mit Bildern pflegt. Als der Curiosity-Rover vor zwei Jahren die Oberfläche des Mars erkundete, konnte man das per Livestream verfolgen. Die Nasa veröffentlicht bei allen ihren Missionen meist umgehend hochauflösende Bilder auf ihren Webseiten.
Die ESA antwortete auf den offenen Brief und begründet die Veröffentlichungspolitik vor allem damit, dass die an der Mission beteiligten Forscher die Sicherheit bräuchten, zunächst exklusiven Zugriff auf die Daten zu haben.
Andernfalls bestünde die Gefahr, dass andere Forscher wichtige Ergebnisse vorher veröffentlichen und diejenigen, die viel Arbeit in die Mission gesteckt haben, am Ende bei den prestigeträchtigen Publikationen leer ausgehen. Deshalb werden die meisten Daten erst sechs Monate später veröffentlicht. Die Nutzer von raumfahrer.net zeigen dafür Verständnis, wünschen sich aber zumindest niedrig aufgelöste Bilder.
Die Debatte hat zu vielen Reaktionen unter Wissenschaftsbloggern geführt. So sehen manche die Gründe für die spärliche Öffentlichkeitsarbeit der ESA in deren mangelhafter Finanzierung. Die Bloggerin Ludmila Carone, die selbst früher für die ESA gearbeitet hat, weist darauf hin, dass manche Fachzeitschriften wie Nature verlangen, dass Daten, die Forschungsartikeln zugrunde liegen, nicht vorher veröffentlicht werden dürfen.
In der Debatte spiegeln sich auch grundverschiedene Vorstellungen über Wissenschaft wider. Unter dem Stichwort „Open Science“ fordern viele, Wissenschaft insgesamt deutlich offener zu betreiben, Rohdaten immer schnellstmöglich freizugeben und alle Forschungsergebnisse später als „Open Access“ kostenlos im Internet zu veröffentlichen. Mit dem klassischen Publikationsmodell, für das Nature steht, hat das wenig gemeinsam.
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