EON-RUHRGAS WÄRE ZU MÄCHTIG – AUSSER FÜR MINISTER MÜLLER: Es gibt noch keinen Energiemarkt
Auch die Monopolkommission der Bundesregierung hat die geplante Fusion zwischen den Energiekonzernen Eon und Ruhrgas abgelehnt. Zuvor hatte schon das Bundeskartellamt das Vorhaben verworfen. Die beiden Begründungen richten enorme Hürden auf, wenn der Zusammenschluss dennoch zustande kommen soll und die Bundesregierung dennoch glaubwürdig bleiben will.
Nicht nur in Deutschland, sondern auch in der EU wäre das neue Konglomerat so mächtig, dass es in Zukunft erheblichen Druck auf andere Firmen ausüben könnte. Nicht, dass man Mitleid mit der Konkurrenz, etwa der Gaz de France, haben müsste – aber die Befürchtung liegt nahe, dass Eon und Ruhrgas zusammen eine solche Marktmacht haben werden, dass sie die Preise festlegen können. Schließlich ist Ruhrgas mit der russischen Gazprom verbandelt, ohne die auf dem EU-Gasmarkt nichts geht, weil sie pro Jahr viermal so viel Gas nach West- und Osteuropa liefert wie der nächstgrößte Importeur, Sonatrach aus Algerien.
Wenn ein Big Player in einem begrenzten Markt im Vergleich zur Konkurrenz zu stark wird, hat das aber nicht nur Folgen für die Preise, die Privatverbraucher und Industrie zahlen. Auf einem Markt mit eingeschränktem Wettbewerb verläuft der Prozess der technischen Innovation langsamer, so dass auch Energieeinsparung und Klimaschutz ins Hintertreffen geraten.
Schon das Bundeskartellamt hatte das Eon-Argument verworfen, man müsse sich durch zunehmende Größe gegen die ausländische Konkurrenz schützen. Denn es gibt noch keinen europäischen Markt für Strom und Gas. Beides wird auch noch mindestens ein Jahrzehnt auf sich warten lassen. Beim Strom existieren bis auf weiteres nahezu abgeschottete nationale Märkte, weil die Verbindungsstationen an den Grenzen den permanenten Austausch von großen Energiemengen nicht zulassen. Und beim Gas verhindern die langfristigen, oft auf 20 Jahre abgeschlossenen Lieferverträge mit den Importeuren, dass die Unternehmen freie Gasmengen zur Verfügung hätten, um sich gegenseitig in ihren Heimatmärkten eine nennenswerte Anzahl von Kunden abzujagen.
Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke (SPD) muss dies berücksichtigen, wenn er in einem Monat über die Fusion entscheidet. Doch Bundeswirtschaftsminister Werner Müller möchte in allen einstmals regulierten Branchen Global Player aus Deutschland schaffen – die Post, die Telekom, ein neuer Strom- und Gasgigant. Nationale Industriepolitik auf Kosten des europäischen Binnenmarktes und seiner Verbraucher. HANNES KOCH
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